„Wenn dir der Ball vor die Füße rollt, musst du ihn auch ins Tor schießen.“ Das hat sich Dr. phil. Jürgen Kippenhan (Studium der Philosophie und Sozialwissenschaften) vor 16 Jahren wohl auch gedacht, als er 2008 das Logoi gegründet und mit seinem privaten und unabhängigen „Institut für Philosophie und Diskurs“ stets den Blick über den Tellerrand maximal kultiviert hat. „Hinter dem Logoi als Raum steckte kein Masterplan. Vielmehr haben sich in den vergangenen Jahren viele Dinge ergeben“, erklärt er. „Was dabei aber immer im Mittelpunkt stand und steht, ist die Systematik. Die sollte gesellschaftlich brisant und philosophisch diskutabel sein.“
Zusammen mit seinen drei Mitarbeiterinnen Susanne Díaz, Stefanie Schlößer und Ines Finkeldei lädt er neben regelmäßigen philosophischen Gesprächen auch zu Konzerten, Lesungen, Performances, Kunstausstellungen, Vorträgen, philosophischen Tischgesprächen und mehr ein. Dabei ist es für das Team wichtig, sich in den Diskursen auf Neues einzulassen und Themen zu finden, die die Menschen beschäftigen. Wie zum Beispiel gerade die Künstliche Intelligenz. „Wir schließen unsere Veranstaltungen an gesellschaftliche Gedanken an und dabei gehen wir immer noch einen Schritt weiter.“ Bedeutet? Hier wird nicht nur gefragt: „Kann ein PC kreativ sein?“, sondern: „Was ist eigentlich Kreativität?“. Denn die Philosophie (wörtlich „Liebe zur Weisheit“) stellt sich den existenziellen Fragen.
Und damit Menschen ihre Gedanken zu einem Thema frei laufen lassen und sich austauschen können, braucht es einen Raum, in dem unterschiedliche Meinungen ohne Wertung geäußert werden können. „Das Logoi ist ein Raum, wo vorgefertigte Phrasen hinterfragt werden sollen. Und ganz klar erreichen wir das auch, indem wir absichtlich irritieren.“ Bitte was? Das Publikum irritieren? „Durch Irritation erregt man Aufmerksamkeit, aber auch Verunsicherung.“ Aber was soll das bringen? Für das Entstehen von etwas Neuem, beispielsweise in Hinblick auf neue Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsordnungen, spielt Irritation und Faszination eine große Rolle. Und das will das Logoi erreichen: „Unser Auftrag: Die Leute sollen nach einem Abend bei uns etwas mit nach Hause nehmen. Aber man muss sich klar darüber sein: In der Philosophie gibt es weder Schwarz noch Weiß. Es gibt auch nicht richtig und falsch. Eigentlich gibt es gar keine Antworten.“
Hier trifft Habermas’ Jahrhundertsatz zu. Der „zwanglose Zwang des besseren Arguments“. Erst diskutiert man voller Überzeugung, verteidigt den eigenen Standpunkt und entkräftet Einwände – und plötzlich bringt das Gegenüber einen Gedanken, auf den man gar nicht gekommen wäre, der aber so einleuchtend ist, dass man ihn gar nicht abweisen kann und zustimmen muss, obwohl man anderer Meinung ist. Der Zwang liegt im Nicht-anders-Können, die Zwanglosigkeit darin, dass ich als denkende Person diese Entscheidung treffe. Die Philosophie sei nun mal kein Wohlfühlbereich, macht Kippenhan klar. Aber durch die Kombination mit anderen Kunstformen, Vorträgen, Diskursen abseits des Akademischen wird der Zugang niederschwelliger, die Themenauswahl massenkompatibel, einfach interessanter. „Niederschwellig, aber mit Anspruch!“
Und mit dieser Devise haben die vier ein Programm für den April bis Juni zusammengestellt.
Los geht es am 11. April mit einem Vortrag und anschließendem Gespräch mit Katharina Nocun mit dem Titel „Fake Facts, True Facts - Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen und was wirklich dagegen hilft“ inder Aula des Geschwister-Scholl-Gymnasiums. Wie der Name schon sagt, geht es um die Frage, warum so viele Menschen an Verschwörungsmythen glauben, welche Faktoren dabei auf psychologischer Ebene eine Rolle spielen. Kooperationspartner sind die Aachener Mutbürger regen Rechts und das Geschwister-Scholl-Gymnasium, dessen Direktor Ali Dacour die Moderation übernimmt. Damit trifft das Logoi definitiv den Zeitgeist. Den trifft es allerdings auch mit der „POM-Konferenz“ – also Ausstellung, Performance und Vortrag – im Rahmen der Tagung „Politics of the Machines: Lifelikeness & Beyond“ in Kooperation mit dem Käte Hamburger Kolleg: Cultures of Research der RWTH Aachen. Hier wird Kippenhan auch einen Vortrag zum momentanen Thema Nummer eins halten: der Künstlichen Intelligenz. „Ich bin mir sicher, dass die KI die Zukunft ist und schon jetzt unser Leben mehr bestimmt, als viele wissen oder zugeben. Daher ist es wichtig, darüber in einen Diskurs zu gehen.“
Netzwerken steht übrigens beim Logoi-Team ganz weit vorne. Daher finden auch immer wieder Kooperationen statt. Am 12. Juni gibt es eine Lesung mit Gespräch mit Teresa Bücker in Kooperation mit dem Gleichstellungsbüro der FH Aachen. Dem folgt noch eine Vernissage zur Sommergalerie am 21. Juni mit dem Künstler Joachim Griess. Straffes Programm. Aber hey, Philosophie ist eben kein Wohlfühlbereich. \kw
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