Chile im Jahr 1988. Der neoliberale Diktator Augusto Pinochet will sich vor der internationalen Öffentlichkeit verteidigen und seine Macht mit einem Referendum festigen. Denn die Welt sieht seinem Regime die Folterungen und politischen Morde inzwischen nicht mehr nach, die es vor allem in den späten 1970ern beging. Im Volk herrscht zwar weiter Angst vor den Schergen der militärischen Machthaber. Dennoch ist zumindest in Ansätzen wieder eine Opposition zugelassen. Täglich stehen ihr, ebenso wie der gegnerischen Seite, 15 Minuten im Fernsehen zur Verfügung. Für die Pinochet-Gegner hat der Marketing-Fachmann René Saavedra (Gael García Bernal) die Aufgabe übernommen, Wahlwerbespots zu konzipieren. Während die Diktator-Getreuen in ihren „Si!“-Spots vor allem die „No!“-Seite denunzieren, ist die Opposition zersplittert und zerstritten – und viele halten Saavedras unkonventionelle Ansätze für vermessen. Denn anstatt düstere Szenen zu zeigen, die betroffen und wütend machen, setzt er vor allem auf die Ästhetik der kapitalistischen Konsumwelt, die eigentlich Pinochet nahesteht.
Zu 30 Prozent besteht „No!“ – der in diesem Jahr für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert war – aus dem Material der echten Kampagnen. Und auch sonst wähnt der Zuschauer sich fast in einer Dokumentation, denn Qualität und Format der gespielten Sequenzen fügen sich nahtlos in die Archivaufnahmen ein. Viele Charaktere sind dabei fiktiv und eine Verdichtung mehrerer tatsächlicher Persönlichkeiten, andere wiederum spielen sich selbst. All das sorgt dafür, dass der Zuschauer einen plastischen Eindruck von der damaligen Situation erhält – die heute in Zeiten des arabischen Frühlings und der Occupy-Bewegung in anderen Teilen der Welt ihre Fortsetzung findet. Die Kehrseite vom Einsatz moderner Marketingstrategien in der Politik hinterfragt der Film zwar nicht – muss er aber auch nicht, denn in Chile heiligte vor 25 Jahren der Zweck wohl tatsächlich die Mittel. ///
Peter Hoch
„No!“
CHI/F/USA 2012 // R: Pablo Larraín
Start: 7.3.
Chile im Jahr 1988. Der neoliberale Diktator Augusto Pinochet will sich vor der internationalen Öffentlichkeit verteidigen und seine Macht mit einem Referendum festigen. Denn die Welt sieht seinem Regime die Folterungen und politischen Morde inzwischen nicht mehr nach, die es vor allem in den späten 1970ern beging.
Im Volk herrscht zwar weiter Angst vor den Schergen der militärischen Machthaber. Dennoch ist zumindest in Ansätzen wieder eine Opposition zugelassen. Täglich stehen ihr, ebenso wie der gegnerischen Seite, 15 Minuten im Fernsehen zur Verfügung.
Für die Pinochet-Gegner hat der Marketing-Fachmann René Saavedra (Gael García Bernal) die Aufgabe übernommen, Wahlwerbespots zu konzipieren. Während die Diktator-Getreuen in ihren „Si!“-Spots vor allem die „No!“-Seite denunzieren, ist die Opposition zersplittert und zerstritten – und viele halten Saavedras unkonventionelle Ansätze für vermessen.
Denn anstatt düstere Szenen zu zeigen, die betroffen und wütend machen, setzt er vor allem auf die Ästhetik der kapitalistischen Konsumwelt, die eigentlich Pinochet nahesteht. Zu 30 Prozent besteht „No!“ – der in diesem Jahr für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert war – aus dem Material der echten Kampagnen.
Und auch sonst wähnt der Zuschauer sich fast in einer Dokumentation, denn Qualität und Format der gespielten Sequenzen fügen sich nahtlos in die Archivaufnahmen ein. Viele Charaktere sind dabei fiktiv und eine Verdichtung mehrerer tatsächlicher Persönlichkeiten, andere wiederum spielen sich selbst.
All das sorgt dafür, dass der Zuschauer einen plastischen Eindruck von der damaligen Situation erhält – die heute in Zeiten des arabischen Frühlings und der Occupy-Bewegung in anderen Teilen der Welt ihre Fortsetzung findet.
Die Kehrseite vom Einsatz moderner Marketingstrategien in der Politik hinterfragt der Film zwar nicht – muss er aber auch nicht, denn in Chile heiligte vor 25 Jahren der Zweck wohl tatsächlich die Mittel. /// Peter Hoch
CHI/F/USA 2012 // R: Pablo Larraín
Start: 7.3.
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