Um eben diesem Schicksal zu entkommen, beschließt sie, sich an ihrem 12. Geburtstag das Leben zu nehmen. Bis dahin bleiben dem pfiffigen, eigensinnigen Spross einer bourgeoisen Pariser Familie 165 Tage, um mit einer alten Filmkamera die alltäglichen Lächerlichkeiten seiner Umgebung zu dokumentieren und zur Umsetzung des Plans unauffällig Psychopharmaka der überdrehten Mutter abzuzweigen. Bis dahin aber ist auch der geheimnisvolle Japaner Kakuro Ozu (Togo Igawa) in eine Nachbarwohnung des großzügigen Wohnhauses gezogen. Der ältere Herr fasziniert seine Umgebung mit ungewohnter Würde und lockt wiederum selbst die burschikose Concierge Madame Michel aus ihrer mürrischen Reserve.
Nach dem Roman „Die Eleganz des Igels“ der französischen Autorin Muriel Barbery gelingt Mona Achache mit der Geschichte um drei scheinbar widerborstige Sonderlinge ein wahrlich einnehmendes Kinodebüt. In Licht- und Farbdesign sowie Ausstattung deutlich getrennt, inszeniert sie drei verschiedene Lebenswelten, die hier zaghaft ineinander greifen: die etwas schrille Lebendigkeit der vierköpfigen Wohlstandsfamilie ist hell und bunt gehalten, die dezente japanische Eleganz in harmonischen Schattierungen angelegt und die höhlenartige Hausmeisterparzelle in gediegenen Erdtönen. Mit sanftem Humor liefert Achache eine Hommage an die klassische, inzwischen bedrohte Spezies der Pariser Concierge, die von Josiane Balasko bestechend nuanciert interpretiert wird. Liebevoll eingeflochten sind hier Details, die gemeinhin leicht in Kitschverdacht geraten, wie der zarte Schauer einer verbindenden Kontaktaufnahme via Literaturzitat oder das Führen eines Tagebuchs in Form von Zeichnungen, die Paloma ihren jeweiligen Gefühlen entsprechend als eine Art Countdown auf der Tapete ihres Zimmers verewigt. In wohlig gemessenem Rhythmus und mit warmherzigem Grundton ist „Die Eleganz der Madame Michel“ ein verzaubernder Verweis auf die Kraft zwischenmenschlicher Bande und nicht zuletzt ein sanfter Appell ans Nutzen des Augenblicks. /// Kirsten Dyrda
Bewertung der redaktion
WEITEREMPFEHLEN