Von Peter Hoch
In einem ländlichen Nest in der Nähe Madrids findet eine Hochzeit statt und Familie und Freunde des frischgetrauten Paars Ana und Joan sind gekommen um beide überschwänglich zu feiern. Patriarch Antonio, der Vater der Braut, freut sich auch darüber, dass seine einst der Liebe wegen nach Buenos Aires ausgewanderte, ältere Tochter Laura sowie deren Kinder Irene und Diego es zu diesem Anlass über den Atlantik geschafft haben.
Weitere Gäste sind Schwester Nummer 3, Mariana, samt Ehemann und erwachsener Tochter sowie Paco, der Sohn eines früheren Angestellten, der es inzwischen als Winzer zu etwas gebracht hat, dessen Frau Bea und ihr Neffe Felipe. Es wird ein rauschendes Fest mit gutem Essen, viel Wein sowie Tanz und Gesang – bis plötzlich ein Unwetter aufzieht, der Strom ausfällt und Irene wenig später verschwunden ist, mutmaßlich entführt von Unbekannten. Bald wird klar, dass einige unausgesprochene Wahrheiten im Raum stehen und mehrere Hochzeitsgäste ein Motiv haben könnten. Oder ist doch ein Fremder verantwortlich? Oder alles nur ein böser Streich von Irene?
Asghar Farhadi begibt sich nach seinem in Frankreich angesiedelten Familiendrama „Le passé – Das Vergangene“ von 2013 zum zweiten Mal nach Europa. Diesmal zieht es den Iraner ins sonnige Spanien, dessen landschaftlichen Reize ihn jedoch wie üblich kaum interessieren: Vieles wird wieder innerhalb von vier Wänden verhandelt, was die theaterwissenschaftliche Herkunft des Regisseurs durchscheinen lässt und den Kammerspielcharakter seines Films unterstreicht. Inhaltlich durchmischt er verschiedene Motive seiner früheren Werke – das verschwundene Mädchen, Zweifel, Misstrauen und die zerstrittene, sprachlose Gemeinschaft – um sie auf den ersten Blick in einem klassischen Krimi mit den Fragen „Wer war es und -wieso?“ gipfeln zu lassen. Tatsächlich baut Farhadi zwar einiges an subtiler Spannung auf und lässt die Zuschauer miträtseln, was geschehen ist. Davon sollten sie sich aber nicht in die Irre führen und auch nicht von der etwas unvermittelten Auflösung enttäuschen lassen. Denn „Offenes Geheimnis“, der im Mai in Cannes der Eröffnungsfilm war, und Farhadi geht es vor allem darum, die Untiefen der Charaktere auszuloten. Die werden verkörpert von einem spielfreudigen Ensemble, in dem sich mit Penélope Cruz, Javier Bardem und Ricardo Darín gleich drei -spanischsprachige Superstars finden, die -Pedro Almodóvars knapp 80-jähriger Stammkameramann José Luis Alcaine -gewohnt souverän ins rechte Licht gerückt hat. \
„Offenes Geheimnis“
E/F/I 2018 // R: Asghar Farhadi
Start: 27.9. | 133 Minuten | FSK 12
Bewertung der redaktion
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