Das Monster MenschFarce von Nicky Silver
„Dieser Strand ist das Letzte. Diese Monotonie. Wasser, Sand, Wasser, Sand …“ Phyllis erträgt das Alleinsein mit ihrem Sohn, der Natur und den eigenen Gedanken nur schwer, und flüchtet sich in Äußerlichkeiten. Sie und Sohn Bishop sind die einzigen Überlebenden eines Flugzeugabsturzes über einer einsamen Insel: Ausgangsbasis für ein typisches Stück à la Bühnenautor Nick Silver. Er liebt das Spiel mit kranken Beziehungen. Und er liebt schwarzen Humor. Mona Creutzer spielt exzellent eine Phyllis im Chanel-Kleid, die ihre Sorgen hinter Äußerlichkeiten versteckt: „Ich fühle mich schrecklich ungepflegt.“ Martin Päthel ist der stotternde Bishop, der nach Essen schreit und dem seine Mutter zur Ablenkung rät: „ein bisschen mit den Leichen zu spielen“. So mancher Spruch des ungleichen Paars sorgt für laute Lacher.
Insgesamt hausen die beiden fünf Jahre auf der Insel, genug Zeit für Regisseur Peter M. Mustafa, den Zuschauer in die tiefsten Abgründe menschlichen Daseins blicken zu lassen. Schon bald beginnen Phyllis und Bishop die Mitpassagiere zu verspeisen, Mustafa lässt hier nichts unversucht, Pilotenbeine und Babybäuche möglichst anschaulich zu präsentieren, und gefühlte hundert Mal werden blutige Körperteile zerpflückt. Creutzer und Päthel zeigen die schleichende Entwicklung hin zum Wahnsinn, die Perversion der Inseleinsamkeit gipfelt in der Vergewaltigung der Mutter, begleitet von Joe Cockers „You’re so beautiful“.
Mustafa inszeniert das Bühnenspiel nicht linear, spielt mit Zeiten und Orten. Immer wieder sehen wir Szenen, die bei Howard, Phyllis’ Mann (Andreas Kunz), spielen. Der affektierte Billigfilmregisseur lebt inzwischen mit der kleinen süßen naiven Pam (Dagmar Rösch) zusammen.
Als Mutter und Sohn dann gerettet werden, wendet sich nichts zum Guten. Beide sind völlig durchgedreht, und Bishop hat Freude an menschlicher Nahrung gefunden, er mordet und isst sich durch seine Mitmenschen. Dazu Dialoge, die ausschließlich unter der Gürtellinie stattfinden, Bishop endet in der Psychiatrie.
„Fette Männer im Rock“ ist eine düstere Horrorkomödie, nichts für seichte Gemüter. Schauspielerisch sicherlich auf höchstem Niveau, garantiert sie auch sprachlich viele Lacher. Doch ist die Frage, welche Menge vulgärer Wörter, und welcher Berg blutiger Leichenteile nötig sind, die Abgründe menschlichen Daseins aufzuzeigen. Und ob es wirklich gute zweieinhalb Stunden sein müssen. „Fette Männer im Rock“ ist eine schwarzhumorige Farce, bei Peter M. Mustafa ganz tiefschwarz.
Barbara Taxhet
Foto: Ludwig Moll
Termine:
5., 6., 7., 10.12.
„Fette Männer im Rock“
jeweils 20 Uhr, Theater K
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