Bereits nach wenigen Minuten ist das Szenario aufgelöst. Ein Vortragspult steht auf der Bühne des Das Da Theaters, ein elegant gekleideter Mann mit dunklen Haaren tritt ins Licht, wählt ein paar kurze Worte zu seiner Person. Arzt sei er, in Gaza geboren und aufgewachsen, aus einfachen Verhältnissen zum anerkannten Mediziner aufgestiegen. Das war es dann auch schon mit der geordneten Ruhe. Was folgt, ist ein beklemmender Einblick in die Realität des Nahostkonfliktes, dargeboten als anderthalbstündiger Alptraum mit gelegentlichen Lichtblicken, basierend auf der Lebensgeschichte des palästinensischen Arztes Izzeldin Abuelaish. Das Ein-Personen-Stück „Ich werde nicht hassen“ entfaltet seine beträchtliche Wirkung nicht zuletzt dank der sparsamen Kammerinszenierung von Ernst Konarek und Silvia Armbruster. Doch es ist vor allem der Protagonist auf der Bühne, der Abuelaishs Biografie zu maximaler Wirkung verdichtet.
Mit vollem Körper- und Seeleneinsatz zeichnet der 62-jährige Mohammed-Ali Behboudi das Leben und Leiden Abuelaishs nach. Der gebürtige Iraner schafft den Schritt von der Position des Schauspielers in jene des Erlebenden, ständig zwischen schierer Verzweiflung und hintersinnigem Humor pendelnd, um Fassung ringend und buchstäblich nach Frieden schreiend. Bei der Premiere im Januar gab es dafür zurecht den minutenlangen Schlussapplaus. Dafür hält Abuelaishs Biografie ausreichend Eckdaten bereit – von der Kindheit in Gaza und einem von Rauheit und Fürsorge geprägten Familienleben über den langen aber bemerkenswerten Weg des ersten palästinensischen Arztes an ein israelisches Krankenhaus, bis hin zu den schmerzhaften Verlusten von Familie und Heimat.
Sparsames Bühnenbild und entsprechende Requisiten genügen über Behboudis Spiel hinaus, um die Wirklichkeiten des Arztes in den Theaterraum zu holen. Eine Tafel samt Kreide reichen aus, um die Topografie des Grauens nachzuzeichnen. Dreieinhalb mal drei Meter Wohnraum für elf Personen werden als entsprechend zugeschnittene Stoffbahn dargestellt. Ein Teddybär begleitet den Protagonisten auf der emotionalen Reise in die Kindheit. Simpel aber wirkungsvoll sind auch die audiovisuellen Einspieler. Gebrüllte Anweisungen von Checkpoint-Kontrollen zeugen von Drangsalierungen bei den ständigen Grenzübertritten, eine sanfte Frauenstimme lässt Zwiegespräche aus Abuelaishs Erinnerung an die Mutter seiner Kinder nachzeichnen.
„Ich werde nicht hassen“ ist ein bedrückend-eindringliches Statement zur Ausweglosigkeit eines Konflikts, bei dem Gut und Böse längst keine Rolle mehr zu spielen scheinen. Ebenso ist das Stück szenisches Abbild der persönlichen Kraft eines Menschen, der die Spirale von Gewalt und Feindseligkeit zeit seines Lebens zu durchbrechen versucht. \ ab
1.-24.2.
„Ich werde nicht hassen“
diverse Termine und Uhrzeiten,
Das Da Theater
Am 17. Februar ist Dr. Izzeldin Abuelaish im Rahmen einer Sondervorstellung (11 Uhr) zu Gast im Das Da Theater. Im Anschluss an die Aufführung steht er zu einer Diskussion mit dem Publikum bereit.
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