Der etwas abgedroschene Spruch „Weniger ist mehr“ trifft hier ins Schwarze. Ein Podest, eine Kleiderstange und ein Tisch mit zwei Handvoll Requisiten – mehr brauchen die beiden Hauptdarsteller Torsten Borm und Markus Weickert nicht für ihr rasantes und doch tiefgründiges Spiel.
Der Zuschauer wird bereits bei der Platzsuche mit Flüstertüte und Handschlag begrüßt. Zur Kakophonie des sich einspielenden Orchesters (Leitung: Andreas Klippert), bei dem lediglich das höchste und tiefste Musikinstrument jeder Gattung zum Einsatz kommt, staksen die Darsteller wie Marktschreier in Varietéuniform durch die Menge und verkünden: „Handys aus, Rauchen einstellen!“ Nach kurzer Einführung in die Geschichte, bei der sich Borm und Weickert wie in einer Dauerwerbesendung gegenseitig die Bälle zuwerfen, entspinnt sich der „Kampf gut gegen böse, arm gegen reich, schön gegen hässlich“, der sich im Ringen um eine überraschend abgegriffene Geige offenbart. Der in Reimform gehaltene Text wird abwechselnd entweder ohne musikalische Begleitung oder im Sog des marschierenden Orchesters vorgetragen. Dazwischen piesacken und veräppeln sich die beiden Darsteller wie einst Matthau und Lemmon als „Seltsames Paar“.
Die Handlung wird durch liebevolle Kleinigkeiten bebildert, etwa ein Barett oder ein „Sack mit Krimskrams“. Borm – allein durch seine Körperlichkeit schon als „Teufel“ zu erkennen – bekommt zu rosa Ohren und blauer Zunge noch einen kreischroten Schuhüberzieher verpasst. Sein Gegenüber, der eher schmächtige Soldat, entwickelt sich im Laufe des Stücks vom naiv-verträumten Burschen zum vergrämten Misanthropen. Obwohl er den Teufel und seine Absicht erkennt, kann er nichts mehr gegen den auf ihn einprasselnden Reichtum tun, der ihn mehr und mehr in Einsamkeit und Isolation führt – bis er mit Sonnenbrille und bleichen Wangen wie ein auferstandener Michael Jackson auf sein verspieltes Glück zurückschaut.
Seinen Höhepunkt erreicht „Die Geschichte vom Soldaten“, wenn sich die Bühne in ein tschechisches Schwarzlichttheater verwandelt, die leuchtendweiße Prinzessinnenpuppe ihrem Karton entsteigt und mit dem Soldaten einen Liebestanz vorführt. Eifersüchtig springt Borm umher, streckt die blaue Zunge heraus und lässt böse den roten Teufelsfuß aufblitzen.
Am Ende hat der Zuschauer das Gefühl, einer Wagner-Oper gelauscht zu haben – so voller Ideen und überraschender Wendungen ist die Inszenierung, die gerade mal 90 Minuten lang ist. Auch hier gilt: weniger ist mehr. /// sd
3. und 11.4.
„Die Geschichte vom Soldaten“
20 Uhr, Mörgens, Theater Aachen
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