Inspiriert von einer Zeile in Leonhard Cohens Song „Anthem“, kratzen die jungen Künstler scheinbar tadellose Oberflächen an, brechen sie auf und lassen die Zerbrechlichkeit der gestalteten Welt zum Vorschein kommen.
Das Land NRW vergibt jährlich den Förderpreis an Künstlerinnen und Künstler unter 35 Jahren, um herausragende Talente zu unterstützen. Für die Ausstellung realisierten die fünf ausgezeichneten KünstlerInnen nun neue Arbeiten, die sich mitunter in die pompös-repräsentativen Räume der ehemaligen Reichsabtei einfügen, als seien sie schon immer dort gewesen.
Stephanie Gudra (*1981) irritiert mit einem großformatigen Bild von gescanntem Staub, bei dem das winzige, normalerweise unsichtbare Detail zum Universum wird. Ebenfalls im Erdgeschoss greift Bettina Marx (*1981) für ihre abstrakten Raummalereien die Farben der Deckengemälde auf, entfernt sich aber vom klassischen Malgrund und fügt Stoff, Papier, Holz und Farbe, unter anderem Erden und Pigmente aus Namibia zum Objekt zusammen.
Ihre Kissengebilde geben im Lesesaal auf der ersten Etage eine bequeme Lümmelwiese für das Studium der ausgelegten Kunstbücher ab, das Ausprobieren ist ausdrücklich erlaubt und erwünscht!
Der Ruff-Schüler Sebastian Riemer (*1982) setzt sich mit scheinbar perfekten Fotografien auseinander: Die feinen Linien bei den nachgezogenen Augenbrauen des feschen Damenporträts und der mit pastosem Strich freigestellte Hintergrund des Sportlerbildes machen die Retusche des Fotografen regelrecht zur Malerei.
Sichtbar wird dieser Gattungswechsel allerdings erst durch die abstrahierende Vergrößerung. Kristina Berning (*1984) bearbeitet für ihr skulpturales Werk gleich die Kunsthaus-Wand mit Gips und Farbe, eine temporäre Arbeit, die nach der Ausstellung verschwinden wird – so wie die Kohlezeichnung von Hannelore van Dijck in der ersten Ausstellung, die die Narben der Raumwand so eindrucksvoll illustrierte.
Nicht alles in der Kunst bleibt also für die Ewigkeit. Christoph Westermeier (*1984) stellt im Obergeschoss eine Auswahl nahezu unbekannter Kunstwerke der 50-er Jahre aus der Fördersammlung vor amorphe Stellwände, auf denen extrem vergrößerte Details eines Hofgarten-Gemäldes, das damals für das Büro des Regierungspräsidenten von Arnsberg angeschafft wurde, in Versatzstücken tapeziert sind.
Die ausliegenden Beschreibungen der Kunstwerke im Karteikarten-Stil, sind ein augenzwinkerndes Gimmick des Künstlers, schließlich schmückten die Arbeiten lange die Amtsstuben verschiedener Landesbehörden. Im Kaisersaal schließlich präsentiert Timo Seber (*1984) skulpturale Artefakte auf einem fragilen, gläsernen Laufsteg, ein Catwalk der besonderen Art.
// Belinda Petri
bis 25.9.
„that’s how the light gets in“
Kunsthaus NRW, Kornelimünster
Foto: Pasca Vretinari, www.vretinari.de
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