Von Dirk Tölke
Mit einer Partnerin und fünf Künstlern begann der damalige Jurastudent Robert Mertens in den ehemaligen Werkstatträumen der Eltern von Mies van der Rohe seinen fachfremden Einstieg.
Allerdings hatte er 1999 schon in Köln eine Kunstagentur gegründet und als Programmierer die erste Internetgalerie in Deutschland aus der Taufe gehoben. Ohne in Kunststrukturen verankert zu sein, entwickelte er neue Wege der Kunstvermittlung.
Verwunschen bewachsener Hof
Die monatlich getakteten Wechselausstellungen wurden durch Verköstigungen und Essensarrangements ergänzt, in die benachbarte Kutscheneinfahrt ausgedehnt und vor zwei Jahren dann um Hof und selbst ausgebaute Schauräume in alten Lagerräumen ergänzt.
Jetzt wird bei Eröffnungen nicht nur sehr lange auf der Straße diskutiert, sondern zusätzlich im verwunschen bewachsenen Hof. Ein auch von Anwohnern genutzter offener Austausch mit Künstlern und Kunstinteressierten hat sich stabilisiert und belebt die lokalen Kunstszene.
Unaufdringlicher Rahmen
Hunderte Gäste schätzen dieses Ambiente. Die Gastfreundschaft lässt spüren, dass der Galerist Gäste mag und Menschen unterschiedlicher Generationen für Kunst zu begeistern versteht, indem er unaufdringlich den Rahmen dafür schafft.
Dabei geht es auch um eine sinnliche Erfahrung, aus der heraus der Geschmack entwickelt wird. Wein und Lukullisches sind ein Weg, Kunst nicht nur mit dem Kopf wahrzunehmen, sondern Freude dabei zu empfinden.
Die Auseinandersetzung mit dem Neuen wird lustvoll, angstfrei und offen
Diese Art, Nähe zu schaffen und zwischen den individuellen Eigenheiten, Ausdrucksformen und neuen Denkweisen von Künstlerinnen und Künstlern und den Sammlerinnen und Sammlern zu vermitteln, die ja sehr viel länger mit den Werken leben werden, als der Künstler, ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe von Galerien.
Sie schafft ein Klima für Kunst in einer Stadt, die qualitätvolle künstlerische Ausdrucksformen ohne elitäres Statusdenken als soziale Bereicherung zur Diskussion stellt.
Abgeschwächte Konfliktsituation
Bis in die 1970er Jahre hinein, waren es Kunstvereine und Galerien, die neue Kunst sichtbar machten und sich mit der Kritik daran der Öffentlichkeit stellen mussten.
Seit die Museen und öffentlichen Institutionen sich allen Sparten und noch nicht abgesicherter Kunst geöffnet haben, ist die Konfliktsituation abgeschwächt, die Konkurrenz und die Abhängigkeit von Kunstmarktinteressen, Quote, Besucherzahlen, Eventeffekt und Edel-Mainstream aber gewachsen.
Alltägliches Bindeglied zwischen Kunst und Kunden
Internationalisierung und Globalisierung, die den spekulativen Wertanlagemarkt, die Schwarzgeldwäsche und die Aktie an der Wand im Blick hat, aber nicht so sehr die lokale Auseinandersetzung mit Kunst, die ja mit allen Lebensbereichen verbunden ist und letzte Bastion freien Denkens gegen Ideologie, Werbebildwelt und Medienwirklichkeit bleibt.
Galerien sind das alltägliche Bindeglied zwischen Kunst und Kunden geblieben, denn die meiste Kunst wandert erst über Privatbesitz in institutionellen Besitz über.
Wichtiger und belebender Kunstort
Auch hier sind es eher persönliche Vorlieben, die offiziell missachtete Kunst schätzen und fördern. Es geht um Vermarktung und die gelingt Robert Mertens gut, der sich die solide Basis erarbeitet hat, demnächst in kostenträchtigen Messen und Dependancen präsent zu sein.
Mit ihrer hohen monatlichen Taktung für inzwischen 22 qualitätvolle Galeriekünstler und die ergänzenden Gruppenausstellungen ist die Galerie Freitag 18.30 ein wichtiger und belebender Kunstort mit hohem Sättigungsgrad geworden, den man in Aachen nicht missen möchte.
Raumgebend sparsame Hängung
Die von Künstlern gehängte Ausstellung aller Galeriekünstler gibt in sparsamer Hängung Raum und Kunstwerken eine erfrischende Präsenz. Das war auch für den Galeristen, der draußen bleiben musste, eine neue Erfahrung.
WEITEREMPFEHLEN