Von Marcus Erberich
Es gibt momentan eigentlich keinen Grund, Alemannia-Fan zu sein. Die Mannschaft ist in die vierte Liga abgestiegen, die wirtschaftliche Situation ist desaströs, die Öffentlichkeit wird mit Halbwahrheiten und Ausreden bei Laune gehalten, unter den Fans tummeln sich rechte, pardon: rechtsoffene Grüppchen. Dazu das Gerücht, der Verein könne ganz aufgelöst werden, wenn nach der GmbH auch der Mutterverein in die Insolvenz ginge – adieda, Alemannia!
Nun ließ Insolvenzverwalter Rolf Dieter Mönning Anfang Juli verlautbaren, die Preise für Dauerkarten werden zur nächsten Saison „durchschnittlich leicht gesenkt.“ Toll, dachte ich mir da, wieder ein paar Euro gespart. Dicht gefolgt von dem Gedanken: Warum sollte ich mir denn noch eine Dauerkarte kaufen?
In Zukunft wird es auf dem Tivoli nicht gerade bumsvoll sein; Gegner wie Velbert, Wiedenbrück, Lotte oder Lippstadt sind – mit Verlaub – nicht gerade als Publikumsmagneten bekannt. Für den DfB Pokal hat sich die Alemannia nicht qualifiziert, ein mögliches Vorkaufsrecht für Knaller-Spiele gegen Bayern und Dortmund ist demnach kein Argument. Der einzige rationale Grund für den Kauf einer Dauerkarte (Stehplatz: 143 Euro, nur Oberhausen ist teurer) sind folgerichtig die paar Euro Ersparnis im Vergleich zum Kauf von Tageskarten.
Und trotzdem: Ich werde mir mein Saisonticket kaufen! Weil ich es vor Familie und Freunden kaum rechtfertigen könnte, wenn ich es nicht täte. Was soll Opa sagen, wenn ich ihm verrate, dass ich jetzt nicht mehr so oft zur Alemannia gehe? Und wie rechtfertige ich es vor mir selbst, wenn ich demnächst zu Hause sitze, während auf dem Tivoli um Punkte gerungen wird?
Außerdem ertappe ich mich dabei, wie sich in meine Frustration wieder so eine Art Vorfreude mischt: Wattenscheid, Essen, Oberhausen, Uerdingen, Fortuna und Viktoria Köln – das sind doch klangvolle Namen! Und mit Abedin Krasniqi ist einer nach Aachen gewechselt, der in der letzten Regionalliga-Saison 15 Buden in 34 Spielen gemacht hat. Das macht doch Hoffnung!
Übrigens: Wie immer werde ich meine Dauerkarte gut sichtbar in meinem Portmonee platzieren. Schließlich soll beim Bezahlen im Supermarkt, beim Bäcker und in der Kneipe jeder sehen: Aha, der geht zur Alemannia! \
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