Ein Teil der dreiteiligen Ausstellung von Willi Filz unter dem Namen Israel/Palästina. Schnell befindet man sich dann nicht mehr auf der Grenze zwischen Belgien und Deutschland, sondern im israelischen Sperrgebiet.
Der Eupener Künstler und Fotograf Willi Filz war zwischen 2010 und 2012 dreimal in der Grenzregion Israel und Palästina, sah wie die eine Seite ohne die andere aufwächst, wie das Unverständnis für das Gegenüber, sowie das Feindbild verstärkt wird.
Er unternahm Reisen auf eigene Faust, schloss sich Friedensorganisationen an, beobachtete Grenzkontrollen und besuchte Flüchtlingscamps in Bethlehem. All das hat er in Bildern festgehalten. „Ich bin kein Sozialfotograf oder ein Friedenskämpfer. Ich mache klassische Reportagefotografie“, gibt sich Filz eher bescheiden.
„Ich ergreife keine Partei in meinen Bildern. Ich beobachte und versuche, die Situation wahrzunehmen. Und das will ich auch den Menschen hier ermöglichen.“ In beiden Zollhäusern stellt er rund 20 Fotografien aus.
Stimmungsbilder, ebenso wie Dokumentationen. Der Weg vom deutschen zum belgischen Zollhaus, hin und wieder zurück, führt durch seine Installation. Elf Meter. Zwischen Israel und Palästina. Elf Meter eingezäumt von zwei Mauern. Eine blitzeblank, die andere bunt bemalt. Zurück bleibt das beklemmende Gefühl dazwischen zu stehen und nicht zu wissen, wohin es weitergeht.
Ursprung
Als 1948 die Republik Israel ausgerufen wurde, begann zwischen den Juden, deren Geschichte einst in diesem Territorium begonnen hatte und die nun nach den grauenvollen Erlebnissen der jüngsten Vergangenheit eine neue Heimat finden und einen jüdischen Staat gemeinsam aufbauen wollten, und den dort bereits seit über tausend Jahren ansässigen Arabern ein Krieg, der bis heute immer wieder aufflammt.
„Doch der eigentliche Konflikt ist noch älter“, erklärt Filz. „Vor rund 100 Jahren, nach dem Ersten Weltkrieg begann die Angst der Palästinenser aus ihrem Land vertrieben zu werden.“ Und damit begann der erbitterte Streit um Wasser und Land, der 2002 im Bau einer Mauer gipfelte.
Der Künstler
Willi Filz beschäftigt sich in seinen Arbeiten oft mit Grenzen. Ob nun mit denen zwischen Luxemburg, Belgien und Deutschland oder der Grenze zwischen Afrika und Europa durch Porträts von Flüchtlingen aus Subsahara-Afrika in Marokko, die er 2008 im KuKuK ausstellte.
Auch auf seinen Reisen zog es ihn immer wieder in Grenzgebiete. Der Nahostkonflikt begleitet ihn bereits sein ganzes Leben lang. Auslöser war ein Referat über Israel zu Schulzeiten. Auf seine unkomplizierte Art heißt es: „Ich hab mich immer gerne in Grenzarbeiten reingekniet“.
Doch so banal das klingen mag, ist es nicht. Ihn beschäftigt nicht einfach nur die Situation der Menschen, die in Grenzregionen leben, sondern auch ihr Schicksal und ihre Geschichte. Und die Kulturgeschichte der Grenzländer.
So haben die wichtigsten kulturstiftenden Religionen Westeuropas ihren Ursprung im Nahen Osten. Christentum, Judentum, Islam und all ihre Unterteilungen. Und denen ist Willi Filz auf der Spur. Ohne zu werten. Einfach um wahrzunehmen, vielleicht um ein wenig zu begreifen.
Definitiv aber um Fotos zu machen, die dem Betrachter zeigen wie es dort aussieht. In aller Radikalität. „Es sind Bilder die radikal offen sind, viele Aspekte zeigen, die zum Denken anregen.“
Und damit das möglich ist, hat er auf seinen Reisen die unterschiedlichsten Menschen entlang der Grenzlinie zwischen Israel und dem Westjordanland getroffen, hat sie begleitet und ihr Leben dokumentiert. In Städten direkt am Gazastreifen fotografierte er Spielplätze, die von Bunkern gesäumt werden.
Er lichtete wunderschöne Gras-Landschaften ab, die von kleinen roten Dingen durchsät sind. Klatschmohn? Nein Tretminenhinweise. Er traf auf seinen Rundreisen amerikanische Aikidomeister und Menschen, die ihr Leben der Demonstration gewidmet haben und sich nicht abschrecken lassen von Schäfern oder Soldaten mit Maschinengewehren.
Und natürlich fotografierte er auch die betenden Menschen vor der Klagemauer, die Grabeskirche ebenso wie die wartenden Gastarbeiter vor den Grenzkontrollen des israelischen Sperrgebiet.
„Es gibt zu dem Thema sicher Unmengen an Büchern und Filmen. Manchmal hat man das Gefühl jeder Fotograf, der was auf sich hält, war schon da. Aber das hier ist mein Eindruck, mein Blick auf die Situation. Die Zusammenfassung meines Gefühls, nicht zu wissen wohin. Ich stehe dazwischen. Die beiden Seiten sehen sich an.“
So können Grenzen aussehen
Alice Loo vom Kulturverein KuKuK ist stolz darauf, die Israel/Palästina-Ausstellung an der deutsch-belgischen Grenze zu zeigen. Der belgisch-deutsche Verein arbeitet seit 2000 am Grenzübergang Köpfchen und sieht sich als Symbol europäischer Gleichheit.
Regelmäßige Ausstellungen, ein abwechslungsreiches Programm und die CaféBar bringen dort, wo früher einmal Grenzen waren, Menschen zusammen. Auch im Rahmen der Ausstellung von Willi Filz haben sich Alice Loo und ihr Team um ein vielfältiges Rahmenprogramm gekümmert.
Eine Ausstellung – Vier Filme
Neben der Dauerausstellung, den Führungen und einem gemeinsamen Essen werden vier Filmabende zum Thema veranstaltet.
Im „Schwein von Gaza“ (2.6., 20 Uhr) hat es der Fischer Jafaar nicht leicht: Statt großer Fische geht ihm bloß Unrat und plötzlich sogar ein Schwein ins Netz.
Nun hat Jafaar ein gewaltiges Problem, denn Schweine gelten in Gaza als unreine Tiere und sind mehr als unerwünscht – darin sind sich die jüdische und die palästinensische Bevölkerung ausnahmsweise einig.
Der Unglücksrabe Jafaar versucht alles, um das lästige Schwein schnellstmöglich los zu werden. Regisseur Sylvain Estibal gelingt es mit seinem befreienden Humor und einem „Schwein im Schafspelz“ manche nicht überwindbar erscheinende Hürde zu sprengen.
„Miral“ (9.6., 20 Uhr) ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Rula Jebreal. Miral wächst wohlbehütet und glücklich als Schülerin des berühmten Al-Tifl Institut in Ostjerusalem auf.
Als sie erwachsen wird und sich in den politischen Aktivisten Hani verliebt, droht sie diese Ideale aus den Augen zu verlieren. Ein mitreißendes Plädoyer für Versöhnung und Vergebung.
In „Paradise Now“ (16.6., 20 Uhr) erzählt der niederländisch-palästinensisches Regisseur Hany Abbu-Assad die Geschichte zweier junger Selbstmordattentäter, die glauben für ihre Tat ins Paradies zu kommen.
Eine kleine Geschichte über einen großen Konflikt – moralisch, aber nicht moralisierend, berührend, aber nicht sentimental. Ein Film, der zur Auseinandersetzung zwingt, ohne belehrend zu sein.
Den Abschluss der Filmreihe bildet der Dokumentarfilm „Woher kommst du?“ (23.6., 20 Uhr). Regisseurs Wisam Zureik, der selbst vor Ort sein wird, beleuchtet die aktuelle Situation im Nahen Osten.
Obwohl sich Israel als die Heimat des jüdischen Volkes bezeichnet, leben in Israel rund 1,6 Millionen Araber, die 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Auf der einen Seite sind sie angesichts ihrer Abstammung Palästinenser, auf der anderen Seite Israelis, da sie die israelische Staatsbürgerschaft besitzen.
Da diese Araber sowohl israelische als auch palästinensische Zugehörigkeitsgefühle haben, sind sie dem Konflikt zwischen ihrer nationalen Identität als Palästinenser und ihrer Staatsidentität als Israelis ausgesetzt. \ kw
Alle Infos zu Ausstellung und Rahmenprogramm
Die Mauer
Israel hat im Juni 2002 mit dem ersten Bauabschnitt begonnen, um Jerusalem vor Terrorangriffen zu schützen. Aus israelischer Sicht ist die Mauer ein Erfolg – die Terroranschläge nahmen seit dem Bau ab.
Dennoch: Der Betonwall teilt nicht nur ein Gebiet, er teilt Straßen und palästinensische Wohngebiete willkürlich in der Mitte. Palästinenser dürfen ihr ummauertes Viertel nur mit besonderer Genehmigung verlassen, die nur der israelische Staat ausstellen kann.
Die palästinensische Seite der Mauer ist durchzogen mit Graffitis. Immer wieder sieht man einen Schlüssel, als Symbol für das Rückkehrrecht der vertriebenen Palästinenser.
Info
Die Mauer ist 9 Meter hoch. Zum Vergleich: Die Berliner Mauer war 3,60 Meter hoch. \
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