Von Sebastian Dreher
Die traurige, aber wahre Nachricht zuerst: wer sich entschließt, Kultur zu machen, entschließt sich in der Regel für ein Leben ohne Reichtum. Das betrifft den Musiker genauso wie den Bildhauer, den Dichter wie den Maler, den Schauspieler wie den Tänzer. Verrät ein Kulturschaffender jemandem aus der freien Wirtschaft, was er im Monat verdient, ruft er bei seinem Gegenüber entweder Erheiterung oder Empörung hervor – möglicherweise auch Mitleid.
Trotz oder wegen dieser Diskrepanz hat sich das euregionale Projekt „Creative Drive“ seit seiner Gründung vor drei Jahren das Ziel gesetzt, Akteure der hiesigen Kulturlandschaft und Unternehmen in Kontakt zu bringen. So sollten „im Team kreative Lösungen für bestehende Herausforderungen der klassischen Wirtschaft“ erarbeitet werden. Kurz: es soll sich für beide Seiten lohnen.
Gute Chance
„Für mich war ,Creative Drive‘ eine gute Chance, nach meinem Abschluss nicht in ein ,Post-Studiums-Loch‘ zu fallen“, erinnert sich Christian Kayser, der in Maastricht Produktdesign studiert hat. Der Aachener sollte zusammen mit anderen Teilnehmern an der Aufgabe arbeiten, die anstehende Fusion zweier IT-Unternehmen – davon eins in Aachen und eins in Gütersloh – zu begleiten.
„Wir waren vor allem mit den weichen Faktoren beschäftigt“, so Kayser weiter, „haben uns mit den Mitarbeitern unterhalten, uns nach ihren Hoffnungen und Ängsten erkundigt.“ Später rauchten bei den „Creative Drivern“ die Köpfe, Ideen wurden gesammelt, auf Umsetzbarkeit geprüft und in Konzepten schriftlich festgehalten.
„Wir haben uns zum Beispiel das ,Wurmloch‘ überlegt“, sagt Kayser. Bei dieser Idee installierten sie in den Eingangsbereichen der Unternehmen Videokameras, deren Bild in die jeweilige andere Stadt projiziert wurde. „So konnten die Mitarbeiter jeden Morgen die Kollegen des anderen Unternehmen sehen.“
Firma gründen, Businesspläne aufstellen
Für ihr Projekt mussten Kayser und seine Kollegen eigens eine kleine Firma gründen, Businesspläne aufstellen und alles genau kalkulieren. „Leider sind unsere Vorschläge letztendlich nicht realisiert worden“, so Kayser. Eine Begründung wurde nicht genannt, vielleicht habe der Mut gefehlt, den branchenfremden Kreativlern ein so wichtiges Projekt anzuvertrauen.
Doch die Umsetzung der Projekte war bei „Creative Drive“ nicht erstes Ziel, es ging vor allem darum, den Kulturschaffenden die Möglichkeit zu geben, sich zu präsentieren und zu vernetzen, über den Tellerrand ins „wahre“ Leben zu schauen und dort Erfahrungen zu sammeln.
Für Christian Kayser war „Creative Drive“ ein Geschenk zur rechten Zeit – beim Übergang von der Theorie der Hochschule zur Praxis des Alltags. „Ich habe viele Kontakte geknüpft“, sagt er. „Darüber hinaus hatte ich die Gelegenheit, strukturierte Arbeit innerhalb einer Branche zu leisten, die ich bis dahin nicht kannte.“ ///
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