Geschichten vom Erzählen
Ein Gemälde aus einer längst vergangenen Zeit zieht an unseren Augen vorbei. Die unheilvollen Klänge Beethovens Siebter tönen dazu aus den Boxen. Der bildgewaltige Auftakt zu einem filmischen Kraftakt, der doch mit angenehmer Leichtigkeit begeistert. Tarsem Singh, der Regisseur, der mit Musikvideos wie R.E.M.s „Losing My Religion“ begann und vor fast neun Jahren den Serienkillerthriller „The Cell“ inszenierte, hat abseits der Maschinerie Hollywoods seinen Traum vollendet. 14 Jahre reiste er auf der Suche nach Drehorten um die halbe Welt und ging anschließend auf die Jagd nach Finanziers. Als er in der 9-jährigen Rumänin Catinca Untaru schließlich seine Hauptdarstellerin entdeckte, begann er mit den Dreharbeiten. Unter der Obhut der Präsentatoren David Fincher („Der seltsame Fall des Benjamin Button“) und Spike Jonze („Being John Malkovich“) kommen drei Jahre nach seiner Fertigstellung nun endlich auch die deutschen Kinozuschauer in den Genuss des Meisterwerks. Dabei ist es auch die schiere Größe des Projekts, die fasziniert.
Die Geschichte umspannt Kontinente und findet doch nur im Kopf des Erzählers (Lee Pace) statt. Der hört auf den Namen Roy, ist Stuntman und irgendwann zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts seit einem Unfall ans Bett gefesselt. In einem Krankenhaus trifft er auf die kleine Alexandria und erzählt ihr die Legende des Blauen Banditen, der mit einer Gruppe von Kämpfern dem despotischen Gouverneur Odius (Daniel Caltagirone) den Garaus machen will. Der Verlauf der Geschichte ist dabei Roys Gemütslage unterworfen. Dessen Gefühlswelt ist ebenso am Boden, wie die seiner Protagonisten, hat er doch jüngst seine Geliebte und die Fähigkeit zu Laufen verloren. So entwickelt sich die Story bald einem Ende entgegen, das Alexandria verängstigt und verstört.
Es ist faszinierend, wie Tarsem Singh mit den Erzählebenen spielt. Dabei geht er verschwenderisch mit unfassbar schönen Szenerien um, die kunstvollen Fotografien gleichen. Das unbekümmerte, natürliche Spiel seiner jungen Hauptdarstellerin sorgt für die nötige Leichtigkeit im schwermütigen Plot. Glücklicherweise droht die Story nie im Farbenrausch zu versinken und bietet nicht nur große Bilder, sondern auch große Gefühle — pralles Kino im besten Sinne.
Bewertung der redaktion
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