Die Bühne ist dunkel, ein Mann sitzt an einem Schreibtisch. Déjà-vu? Nein, eine Wiederaufnahme im Das Da-Theater mit aktueller Brisanz: „Ich werde nicht hassen“, ein auf wahren Begebenheiten beruhendes Solostück, gespielt von Mohammad-Ali Behboudi. Er verkörpert den palästinensischen Arzt Dr. Izzeldin Abuelaish, der als erster Palästinenser in einem israelischen Krankenhaus arbeitet. „Wir wollten das Stück 2024 unbedingt wieder auf den Spielplan nehmen und haben dafür unseren Spielplan so angepasst, dass die Inszenierung einen Monat lang bei uns im Theater zu sehen sein wird. Das Stück ist ein humanitärer Appell: Nur mit der Bereitschaft zur Vergebung und dem Willen zur Verständigung wird es jemals eine Chance auf Frieden im Nahen Osten geben“, sagt Theaterleiter Tom Hirtz.
Abuelaish wächst in einem Flüchtlingslager am Meer auf und erkennt früh, dass er seine Situation nur durch Bildung verbessern kann. Er studiert Medizin außerhalb Gazas, zunächst in Kairo, später sogar in Harvard. Was zunächst wie eine Bilderbuchgeschichte klingt, ist leider keine. Dr. Abuelaish erzählt vom täglichen Warten an israelischen Checkpoints, von Panzern, die nachts durch die Straßen seines Wohnortes rollen, und von den schlimmsten Stunden seines Lebens: vom Tod seiner Frau, an deren Todestag er stundenlang durch Israel von Checkpoint zu Checkpoint geschickt wurde, und vom Tod von drei seiner Töchter und ihrer Cousine, als eine israelische Panzergranate in ihrem Zimmer explodierte und ihre Familie auseinanderriss. Rachegedanken wären in einem solchen Fall verständlich, aber Dr. Abuelaish hasst nicht.
Er weiß, dass Hass nur Gegenhass erzeugt und ist überzeugt, dass nur Kommunikation und Austausch zu dauerhaftem Frieden führen. Etwas, das auch der Schauspieler Mohammad-Ali Behboudi für sich verinnerlicht hat: „Für mich sind die Menschen auf beiden Seiten gleich viel wert, ich verabscheue den Tod der Menschen in Israel genauso wie den Tod der Menschen in Gaza. Ich verabscheue die Katastrophe, weil diejenigen, die den Angriff auf Israel gestartet haben, die Hamas, für den Tod von Tausenden von Menschen sowohl in Israel als auch in Gaza verantwortlich sind. Wer auch immer die Schuldigen sind, diese Menschen werden nie wieder leben, und das ist eine Katastrophe. Ich habe am 7. Oktober vor dem Fernseher geweint, weil ich wusste, dass jetzt auf beiden Seiten Menschen sterben werden“. Und diese Botschaft vermittelt das Stück, es zeigt Fakten und Erfahrungsberichte, es verurteilt niemanden, außer diejenigen, die anderen Leid zufügen wollen. Mohammad-Ali Behboudi spielt die Rolle des Arztes emotional und ehrlich, man spürt, dass die Gefühle, die er transportiert, nicht „nur“ Schauspielerei sind, er steht hinter der Rolle und der Meinung, die er vertritt. Das spürt auch das Publikum und belohnt Mohammad-Ali Behboudi nach seiner phänomenalen Leistung mit Standing Ovations. /bor
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