Die Bühne ist von großen, weißen Vorhängen eingerahmt – sie verdecken das Szenenbild der Abendproduktion „Alle unter eine Tanne“ und verleihen der ohnehin kleinen Spielstätte des Theaters eine intime Wohnzimmer-Atmosphäre. Doch dieser Raum entpuppt sich als größer, als man denkt: Mit Fantasie und geschickt eingesetzten Requisiten verwandelt sich das Setting in einen schier endlosen Traumraum.
Ein vollgestopftes Kinderzimmer mit weichen Kissen, Spielzeug und Bettlaken bildet die Grundlage für die Reise des kleinen Prinzen. Regisseur Merten Schroedter hat eine klare Struktur geschaffen, ohne das spielerische Chaos zu stören, das das Stück so lebendig macht. Mit Felix Frenken als Autor und Pilot Saint-Exupéry sowie Cynthia Thurat, die abwechselnd als Rose, Fuchs und königlicher Herrscher auftritt, entsteht ein dynamisches Ensemble-Spiel. Die Interaktionen sind humorvoll, bewegend und immer wieder überraschend. Gemeinsam mit einer Puppe, die den kleinen Prinzen mit seinem blonden Haar darstellt, schaffen sie eine Mischung aus Schau- und Puppenspiel, die das Publikum sofort in ihren Bann zieht.
Der kleine Prinz hofft, einen Freund zu finden, während er sich mit der Komplexität von Beziehungen auseinandersetzt. Er denkt oft an die widersprüchliche Rose, die er auf seinem Heimatplaneten zurücklassen musste, und lernt vom klugen Fuchs, dass Freundschaft Zeit, Vertrauen und Verantwortung erfordert. Die wohl bekannteste Einsicht „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ wird hier nicht nur gesprochen, sondern fühlbar gemacht.
Doch warum jagen die Menschen rastlos nach Besitz, ohne Zeit für Träume oder die Schönheit des Lebens? Diese Fragen, die Kinder wie Erwachsene gleichermaßen betreffen, bleiben nach der Vorstellung hängen und regen zum Nachdenken an.
Besonders Felix Frenken und Cynthia Thurat brillieren durch ihre wandelbaren Darstellungen. Frenken bringt als Pilot die Sorgen eines Erwachsenen glaubwürdig auf die Bühne, während Thurat mit ihrer Energie und ihrem Witz die Kinder im Publikum begeistert. Die Szenen mit der Riesen-Rose und dem schlitzohrigen Fuchs sind dabei ebenso amüsant wie tiefgründig. Kleine Gesangsnummern und das dezente Glockenspiel verleihen dem Stück eine poetische Leichtigkeit.
Mit der Inszenierung von „Der kleine Prinz“ zeigt das Grenzlandtheater, dass es auch für die jüngeren Zuschauerinnen und Zuschauer zauberhafte Welten schaffen kann, ohne dabei den Tiefgang der Geschichte zu verlieren.
Kinder staunen über die fantasievollen Verwandlungen, Erwachsene lassen sich von der Atmosphäre für eine Stunde entführen. Mit dem Stück bringt das Grenzlandtheater Aachen erstmals ein eigenständiges Familienstück auf die Bühne. Das Kunstmärchen von Antoine de Saint-Exupéry wird dabei zu einer zauberhaften Inszenierung, die Kinder ab sechs Jahren und Erwachsene gleichermaßen begeistert. /kw
3., 4.+5. (12+15.30 Uhr) 1.
„Der kleine Prinz“
17 Uhr, Grenzlandtheater
grenzlandtheater.de
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