Wortwitz, Sarkasmus und Prasserei: Das Theater Aachen zeigt in der Kammer die Komödie „Gegen den Fortschritt“. Die Schauspieler Nadine Kiesewalter, Katja Zinsmeister, Robert Seiler und Benedikt Voellmy übernehmen in sieben unabhängigen Szenen jeweils mehrere Rollen. Die Szenenbilder folgen inhaltlich keiner linearen Geschichte, sondern die Verbindung besteht in der bissigen Abrechnung mit Fortschrittsglaube und Moderne. Das Stück bohrt böse in den Wunden unserer Gesellschaft.
Exemplarisch, eine Szene: „Ich kann nicht glauben, dass du den Sinn des Lebens nicht kennst. Du hast Wirtschaft studiert!“ In dieser Episoden kommt es zum Streit zwischen einem Abteilungsleiter, der sich zu noch mehr Ruhm verholfen hat, indem er eine eigene Religion in seiner Firma gegründet hat, und seinem Kollegen, der plötzlich zum Konkurrenten auf dem neuen, religiösen Markt wird. Robert Seiler und Benedikt Voellmy lümmeln in den Seilen eines Boxrings, der mitten auf der Bühne steht, tänzeln dann umeinander und diskutieren darüber ein Imperium aufzubauen, das „mächtiger ist als Coca Cola“. Dem Zuschauer bleibt das Lachen über die schrägen Vögel im Hals stecken: Zur Erreichung ihrer Ziele sehen sie Menschenopfer als adäquates Mittel.
In den bizarren Episoden zeigen die vier Jungschauspieler sich je nach Rolle ernst, albern, hysterisch, verwirrt, verbohrt, dumm. Werfen sich in heftige Dialoge, in einem erstaunlichen Tempo. Die 90 Minuten in der Kammer vergehen wie im Flug, was zum einen an der guten Inszenierung, zum anderen aber an der wirklich tollen schauspielerischen Leistung jedes einzelnen liegt.
Text: Kira Wirtz
Foto: Ludwig Koerfer
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