Ein Passagierflugzeug wurde von einem Terroristen entführt, um vollbesetzt in ein ausverkauftes Fußballstadion zu fliegen. Einzig der Abschuss der Maschine durch den Kampfpiloten Lars Koch konnte die Menschen im Stadion retten. Dadurch starben die 164 Passagiere an Bord.
Nun steht der Bundeswehrpilot vor Gericht, weil er 164 Menschen getötet hat, um 70.000 zu retten. Wie wird das Gericht entscheiden? Freispruch oder Verurteilung?
War dies eine militärische Aktion? Wer trägt die Verantwortung? Darf Leben gegen Leben abgewogen werden? Darf man rund 170 Menschen töten, um 70.000 Leben zu retten? Wie würden Sie entscheiden? Und in der Tat, sind es die Zuschauer, die den Ausgang des Stückes bestimmen.
Vor dem Gericht
Dem Piloten des Kampfjets der Bundeswehr, Major Lars Koch, wird also der Prozess gemacht. Und das Publikum nimmt als Schöffen teil. „Man bekommt vom Vorlesen der Anklageschrift über die Befragung bis zum Schlussplädoyer eine vollständige Verhandlung mit“, so Regisseurin Elina Finkel. Und nicht nur das. Am Ende geben die Zuschauer nach einer kurzen Pause ihre Entscheidung ab: Sollte Major Lars Koch verurteilt oder freigesprochen werden?
Deutschlandweit
Im Oktober wurde Schirachs Stück „Terror“ in Berlin uraufgeführt, bis zum Ende der Spielzeit werden noch 14 Theater in Deutschland „Terror“ zeigen. Bis zum Ende der Spielzeit 2016/17 steht „Terror“ sogar in 18 Spielplänen. Und auf einer gemeinsamen Internetseite werden die Ergebnisse der Abstimmung festgehalten. Für Finkel und Dramaturgin Gesa Lolling eine spannende Angelegenheit.
Der Grund, warum so viele Theater sich Schirachs erstes Theaterwerk ausgesucht haben, liegt für Finkel auf der Hand: „Meiner Meinung nach ist „Terror“ das Stück der Stunde, da es explizit moralische Fragen stellt. Achten wir das Grundgesetz in jeder Situation? Bleibt man wirklich in jeder Situation seinen Prinzipien treu?“
Und genau deshalb ist es den beiden wichtig, den Zuschauer in keine Richtung zu manipulieren. Damit er sich frei und selbständig seine Meinung bilden kann. „In der Inszenierung konzentrieren wir uns darauf, jede einzelne Person zu beleuchten, um sein Handeln verständlich zu machen“, so Lolling. So soll jede Entscheidung und jede darauf folgende Handlung verständlich und nachvollziehbar werden.
„Wir wollen nicht manipulieren oder eine Meinung vorgeben. Das geht aber nur, wenn man Schirachs Vorlage ernst nimmt.“ Alle Personen, vom Angeklagten über die Zeugen bis zum Vorsitzenden, bleiben der Vorlage treu, handeln ernsthaft und glaubwürdig.
Teamwork
Bühnenbild und Kostüme von Esther van de Pas sind an die klare und ernste Inszenierung angepasst. Um die Atmosphäre des Gerichtssaal optisch noch näher zu bringen, werden Gerichtszeichnungen von Marie van Vollenhoven an die Wände projiziert.
Das Team ist sich übrigens weitestgehend einig, wie es im Falle einer Abstimmung entscheiden würde.
„Das hat einige Diskussionen gedauert. Und wir reden immer noch recht viel über die Schuldfrage.“ Ob Freispruch oder nicht, verraten die beiden allerdings nicht. Denn wenn ab November Leben gegen Leben gewogen werden soll, fällt das Publikum alleine die Entscheidung. \ Kira Wirtz
WEITEREMPFEHLEN