Der Künstler Basil Hallward (Armin Jung) ist wie verzaubert: Endlich hat er seine Muse gefunden, die ihn zu künstlerischen Höchstleistung inspiriert. Diese Muse ist Dorian Gray (Jan Stapelfeldt), ein naiver junger Mann. Es sind die Reinheit und Unschuld Dorians, die Basil so faszinieren. Das Bild zeigt sein Portrait und ist bisher Basils bestes Werk.
Dennoch weigert er sich, das Bild seinem Freund Lord Henry (Fabian Goedecke) zu verkaufen. „Ich kann dieses Bild niemandem zeigen, zu viel von mir selbst steckt darin. Es offenbart meine Seele.“ Lord Henry, in seinem Stolz beleidigt, redet Dorian ein, seine Jugend nicht zu vergeuden: „Sie ist das wertvollste, was wir besitzen!“ Er solle sein Leben auskosten und genießen, solange er das Privileg hat, jung zu sein.
Leben in vollen Zügen
Dorian kann den Einflüsterungen des Lebemannes nicht standhalten, er lässt sich überzeugen, fürchtet das Älterwerden. In seiner Aufregung beschwört er das Bild, das jetzt schon jünger ist als er, dass es doch an seiner statt altern solle. Lord Henry nimmt Dorian unter seine Fittiche, und zeigt ihm, wie man das Leben in vollen Zügen genießt. Jedoch ist dieser Genuss nur oberflächlich, denn gleichzeitig ist Henry gefühlskalt, empathielos und schnell gelangweilt – immer auf der Suche nach neuem Amüsement.
Dorian, der seine Jugend ausleben möchte, eifert ihm nach – bis er sich verliebt. Nicht in einem Menschen, sondern nur in ein Abbild: Sein Herz schlägt für die Schauspielerin Sybil Vane (Annika Schneider) bzw. für die Figuren, die sie spielt. Diese Figuren zehren von Sibyls Sehnsucht. Doch als sie sich mit Dorian einlässt, ist ihre Sehnsucht gestillt – und ihr Schauspiel wird schlecht.
Grausame Züge
Dies wiederum erzürnt Dorian. Kaltherzig verlässt er sie. Als er erfährt, dass sie sich vor Gram selbst umgebracht hat, ist er zwar erschrocken, wundert sich aber, dass er nicht mehr fühlt als das. Er entdeckt, dass sein Portrait sich verändert hat: Es hat grausame Züge angenommen, während er selbst noch immer unschuldig und jung aussieht.
Oberflächlichkeit, Menschlichkeit, Liebe, Kunst – all diese Themenkomplexe sind vielschichtig miteinander verwoben. Das fraktale Bühnenbild von Steven Koop reflektiert diese Zersplitterung.
Jan Stapelfeldt beeindruckt sowohl als naiver wie auch als grausamer Dorian, und der Rest der Besetzung unterstützt die intensive Spannung zwischen Gut und Böse. \ bb
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