Kriege, atomares Aufrüsten, die Finanzkrise – die Welt ist nicht gut.
Aber: Sie ist viel besser als ihr Ruf, zeigt das Recherchestück „Revolution: Alles wird gut!“ In Kooperation mit dem Brachland-Ensemble, der Tafelhalle Nürnberg und der Landeszentrale für politische Bildung NRW bringt das Theater Aachen das Gute in der Welt auf die Bühne: mal dokumentarisch, mal spielerisch, mal experimentell-interaktiv, mit unzähligen Fakten, Zahlen und Beispielen im Gepäck. So erfahren die Zuschauer gleich zu Beginn, dass sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Weltbevölkerung seit 1990 halbiert hat und nicht etwa verdoppelt, wie viele glauben.
Der weltweite Alphabetisierungsgrad liegt nicht bei 40, sondern 80 Prozent. Ein klarer Aufwärtstrend also, den in Europa aber kaum jemand zur Kenntnis nimmt. „Revolution: Alles wird gut!“ wagt einen optimistischen Blick auf die Welt, gewissermaßen als Gegenstück zur medialen Schwarzmalerei. Dabei wird das Elend auf der Welt keineswegs verharmlost.
Vielmehr werden Menschen, Projekte und neuartige Konzepte in den Mittelpunkt gerückt, die kleine Revolutionen auslösen können und die Welt auf ihre Weise ein Stück besser machen. Anderthalb Jahre lang haben sich die an der Produktion beteiligten Akteure selbst auf die Suche nach solchen „Weltverbesserern“ begeben, in Schweden, Griechenland und Italien, aber auch über die europäischen Grenzen hinweg in Indien, Ghana und Kamerun, Israel und Palästina. Das Ergebnis: sehr persönliche und eindringliche Erfahrungsberichte, die Sophie Bartels, Anika Pinter, Simon Rußig und Katja Zinsmeister mit einer Mischung aus Schauspiel, Lesung, Dokumentation und Puppenspiel auf die Bühne bringen. Auch Ali Can, Initiator der „Hotline für besorgte Bürger“, ist mit von der Partie.
Er hält ein Blatt Papier hoch, auf dem steht: „Was muss man können, um die Welt zu verbessern?“ Mit dieser Frage geht er raus in die Innenstadt, um immer wieder per Skype auf der Bühne zu erscheinen – im Echtzeit-Dialog mit Aachener Passanten, die teils interessante, teils amüsante Ideen parat haben. Ebenfalls live wird Mika Danny aus Tel Aviv zugeschaltet: Sie ist Gründerin des „Rana Chors“, in dem jüdische und arabische Frauen gemeinsam singen. Braucht man bestimmte Fähigkeiten als Visionär und Vordenker? Sie sagt: Keine Fähigkeiten, aber Empathie, Leidenschaft und eine gute Portion Optimismus.
Ein Abend, der berührt, überrascht und inspiriert. Vor allem ist er voller Geschichten und Bilder, die man nicht so schnell vergisst – etwa vom Besuch auf der „Africa Mercy“, dem größten Hospitalschiff der Hilfsorganisation „Mercy Ships“. Auf einem Foto ist einer der Patienten zu sehen: ein zwölfjähriger Junge mit komplett verdrehten Beinen. Nur schwerfällig kann er sich nach vorne schieben und trotzdem lächelt er in die Kamera. Für ihn wurde die Welt an diesem Tag durch eine OP wohl deutlich verbessert. \ an
WEITEREMPFEHLEN