Mona Creutzer inszeniert ein Endzeitdrama in der spektakulären Kulisse des Maschinenraums des Tuchwerk Aachen. Als Bühne dient eine riesige Webmaschine.
Es ist dunkel im Maschinenraum des Tuchwerks. Bedrohlich flackern vereinzelt Lichter, es rauscht und rasselt aus den Lautsprechern. Hinter der großen Webmaschine, die sinnbildlich für eine Welt steht, in der die Menschen noch die Maschinen bedienten und nicht die Maschine den Menschen, flackern riesige Bildschirme. Ein Sprecher (Jochen Deuticke) weist den Zuschauer in die Handlung ein.
Zu seiner Geschichte, die eine erschreckende Zukunft voller Klimakatastrophen und einem Fortschritt der Maschinen erläutert, bewegt er sich mechanisch, wie ein Roboter. Hitzewellen haben die ganze Welt erschüttert, Naturwissenschaftler, die Anfang der 2000er als Panikmacher abgetan wurden, sollten Recht behalten und irgendwann nach 2093 existiert keine Welt mehr, wie wir sie kennen. Die Menschen haben sich von der Erdoberfläche, die nur noch aus Schutt besteht, in das Erdinnere zurückgezogen und hausen in winzigen Kapseln in denen Maschinen ihr Leben bestimmen und kontrollieren.
Einer dieser Menschen ist eine Frau, gespielt von Barbara Portsteffen. Sie sitzt auf ihrem Stuhl in ihrer Kapsel und mit Hilfe von winzigen Knöpfen lässt sie sich das Essen zuführen, Gedichte vorlesen, live in Vorträge schalten und mittels Hightechkontaktlinsen kann sie mit ihrem Sohn kommunizieren, der eine Kapsel am anderen Ende der Welt zugewiesen bekommen hat.
Mit wem man auch immer kommuniziert – bitte nicht live, denn direkter Kontakt ist nicht erwünscht, in den Augen der Frau auch unanständig und mehr als eklig –, die Maschine hört mit. Sollte es irgendwelche Probleme mit Übertragungen, Bedienungen oder anderen überlebenswichtigen Dingen geben, hilft ein Handbuch, dass die Frau wie eine Bibel anbetet.
Doch der Sohn der Frau will sich damit nicht abfinden. Er will wissen, wie es an der Oberfläche aussieht, möchte sich nicht fremdbestimmen lassen.“Der Mensch ist das Maß!“, brüllt er über die Maschine hinweg. „Die Maschine tötet die Liebe! Sie entwickelt sich nicht zu unserem Nutzen!“ Doch die Frau will davon nichts hören, verkriecht sich wieder in ihre Kapsel und verstößt lieber den Sohn, als „maschinenunfreundlich“ zu denken.
Norman Nowotko spielt den Sohn der Frau, der ebenfalls wie sie in eine uniformartige graue Einheitskluft gehüllt ist, eine Glatze trägt und während des gesamten Stücks mutig und mit vollem Körpereinsatz über die riesige Maschine klettert. Mit einer kleinen Portion Witz, mehr Dramatik und noch mehr Endzeitstimmung versetzt Mona Creutzer das Publikum mit ihrem Stück in eine Welt, die nicht mehr lebenswert scheint und den ein oder anderen -Zuschauer darüber nachdenken lässt, ob wir mit unserer Lebensweise der Welt nicht zu sehr schaden. \ kw
5., 6.+7.10.
„Utopia Machina XXL“
Sonntag 19 Uhr, sonst 20 Uhr, Tuchwerk Aachen
www.theater-k.de
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