Es ist ein wenig lauter als sonst vor den Premieren. Das Publikum ist aufgeregter. Kissen werden unter den Popo geschoben, damit auch die kleineren Besucher einen guten Blick auf die Bühne haben. Und der freie Blick wird es in sich haben. Es ist Familienstück-Zeit am Theater Aachen. Mit Lindgrens „Die Brüder Löwenherz“, inszeniert von Ewa Teilmans für Besucher ab acht Jahren. Bühne, Kostüme, Spiel, Musik – nichts davon muss Abstriche vor einer reinen Erwachseneninszenierung machen. Dank der Drehbühne begleitet man das Brüdergespann auf ihrer Reise vom Kirschtal zum Heckental, da wird ein steiniger Weg zu einer großen Schlucht samt eines riesigen Drachens, der Feuer speit. Es gibt Falltüren, Höhleneingänge und Verstecke hinter Schränken, riesige Kirschblüten und Fabelwelten. Die Kostüme – so wie das Bühnenbild auch – von Andreas Becker, der auch schon „Fiddler on the Roof“ und „West Side Story“ optisch unvergessen machte, erinnern an eine fabelhafte Märchenwelt und ziehen den Besucher noch ein Stückchen weiter in die Geschichte. Und die dreht sich um zwei Brüder. Karl(Tina Schorcht) und Jonathan (Julian Koechlin). Mit Nachnamen eigentlich nur Löwe. Aber das „nur“ verlieren sie sehr schnell, denn beide beweisen – einfühlsam inszeniert – dass sie ein riesiges Löwenherz haben, das sie sich im Einsatz für die anderen verdienen.
Traurig ist es am Anfang als Karl, genannt Krümel, im Rollstuhl sitzend den Beginn seiner Geschichte erzählt. Videoprojektionen (Luca Fois) werden an die noch schwarze Wand geworfen, man hört von einem schrecklichen Brand, Karl erzählt vom Verlust seines Bruders, obwohl er doch der erste sein sollte, der stirbt, lauscht der Geschichte von Jonathans Lehrerin, warum dieser sich den Beinamen Löwenherz verdient hat. Die ersten Tränen erscheinen nicht nur in Karls Augen, sondern auch in den Augen der Zuschauer. Doch das ist nur der Anfang dieser wunderbaren Geschichte. Weiter geht es in der Fabelwelt Nangijala, dort wo man sich nach dem Tod trifft, wo keiner krank ist, wo die Zeit wie im Flug vergeht und man Abenteuer erlebt. Und dort kann Karl dann für seinen Bruder einstehen, ihm und der Taubenkönigin Sofia (Elke Borkenstein) helfen, den Verräter im Dorf zu enttarnen oder einfach zusammen beim Dorfwirt Jossi (Philipp Manuel Rothkopf) auf Tischen und Bänken zu tanzen. Eins ist gewiss, den Song vom Neinsagen, geschrieben von Ewa Teilmans mit der Musik von Malcom Kemp, wird man noch lange im Ohr haben.\ Kira Wirtz
4., 12., 18., 21.(11 Uhr), 26.+ 30.12., 9., 19. (11 Uhr), 21., 25.+ 30.1.
„Die Brüder Löwenherz“
18 Uhr, Bühne, Theater Aachen
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