Ein Mann und eine Frau. Sie haben ein Kind verloren, dann sich selbst und dann einander. „Das ist eine ganz klare und knappe Zusammenfassung von uns“, sagt sie, die namenlose Frau des ehemaligen Paars. Doch das Theaterstück „Gift. Eine Ehegeschichte“ (2009) der niederländischen Autorin Lot Vekemans, zuletzt in einer Inszenierung der Frame Company aus Düsseldorf im Das Da Theater zu Gast, ist weit mehr als das. Es geht um Abstand und den Wunsch, dass es wieder ist, wie es früher war. Aktueller könnte das Stück nicht sein.
Er (Jonas Gruber) und sie (Nicole Kersten) treffen sich nach zehn Jahren auf dem niederländischen Friedhof wieder, auf dem sie ihren Sohn Jacob zu Grabe getragen haben. Gift im Boden, im Grundwasser, mache es nötig, mehrere Gräber umzubetten. Auch das von Jacob. Das hat sie ihrem Ex-Mann in einem Brief mitgeteilt. Er tritt in eleganter dunkler Kleidung selbstsicher und aufgeschlossen auf. Die Frau dagegen erscheint blass, unsicher und distanziert. Graue Hose, graue Schuhe, weiße Bluse. Sie wankt zwischen Trauer, Angst und Wut. Beide Darsteller spielen ihre Rollen fantastisch.
Die Aufführung dauert 75 Minuten an, baut sich zunächst langsam auf. Nach 45 Minuten kommt der große Twist. Der Friedhofswärter erzählt dem Mann, die Begräbnisstätte solle erweitert werden. Dadurch kommt ans Licht, dass die Geschichte vom vergifteten Untergrund von der Frau frei erfunden und ein Mittel war, ihn zur Rückkehr zu bewegen. Denn sie hat viele Fragen. Nach einer Aussprache mit tiefgreifenden und zu Tränen rührenden Gefühlen und existenziellen Fragen – und vor allem einer nicht zu erwartenden Wendung – trennen sich die Wege der beiden. Das Publikum bleibt mit gemischten Gefühlen zurück. Beklommen und doch hoffnungsfroh.
Nicole Kersten und Jonas Gruber brillieren in einer Inszenierung, die die Schauspielkunst in den Vordergrund stellt. Der Regisseur Roland Riebeling – selbst Schauspieler und mit den beiden Darstellern seit der Schauspielschule eng befreundet – nimmt sich wunderbar zurück. Es ist die Schlichtheit, die besticht; und die Erkenntnis: Gutes Theater braucht nicht viel. Das Bühnenbild bleibt stets gleich. Eine Holzbank steht in einem großen, der Frame Company ihren Namen gebenden Metallkubus-Rahmen. Gut möglich, dass das hervorragend spielende Ensemble nicht das letzte Mal in Aachen zu Gast war. \ Kevin Teichmann
WEITEREMPFEHLEN