Ist es ein Problem vergessen zu werden? Also eigentlich ist es das für Delphine Gay nicht. Eigentlich. Also zumindest dann nicht, wenn sie herausfinden könnte, warum sie vergessen wurde und andere nicht. Sie kenne Delphin Gay nicht? Die junge Dame, die vor knapp 200 Jahren in Aachen und Paris lebte? Die eine Dichter- und Denkerin war, bei der das Who-is-Who der damaligen Zeit ein und ausging? Lassen Sie das die blasse junge Dame mit dem strengen Zopf nicht wissen. Schreibt sie auch bissig über Frauen unter männlichem Pseudonym, versteht sie an anderer Stelle wenig Spaß.
Die Aussage „Nur wer mal weg war, hat die Chance auf ein Comeback“ beruhigt sie auch nur rudimentär. Immerhin: Gemeinsam mit vielen weiteren mehr oder weniger historischen Persönlichkeiten macht sie sich auf den Weg von Paris nach Aachen. Und das wird ein wilder Ritt. Es wird schräg und lustig, bizarr und stimmgewaltig. Ganz nebenbei beschäftigt sich das Regie- und Autorenduos Jan Koslowski und Nele Stuhler nicht nur mit der historischen Person Delphin Gay (gespielt von Furkan Yaprak), sondern auch mit der Rolle der Frau – damals wie heute und versucht zu ergründen, wie Gay – in Vergessenheit geriet oder mit Absicht in die Vergessenheit gestoßen wurde.
Und so macht sich dieses illustre Grüppchen, eingehüllt in Irrungen und Wirrungen, Verzwickungen und Verwicklungen auf die Reise vom mondänen Paris in das weit, weit entfernte Aix la Chapelle. Es wird geflucht, gestritten, getanzt, gesungen, philosophiert und gealbert. Die Kostüme sind opulent, die Darsteller in Höchstform, die Sprache bissig, witzig, auf den Punkt. Es ist an mancher Stelle experimentell, es wird mit Video-Sequenzen und Genre-übergreifend gearbeitet. Nicht zu vergessen die wunderbare Drehbühne, die Einblicke in Salons, Waldhütten und Gasthäuser bietet. Wer das Stück in dieser Spielzeit verpasst hat: Keine Sorge, es wird in der Spielzeit 24/25 ab dem 26. Oktober wieder aufgenommen. Und dann können Sie Delphine Gay ein Comeback bescheren. Oder sie zumindest laut beklatschen. \kira wirtz
Ab Oktober 2024 nimmt das Theater Aachen die Produktion aus der Spielzeit 23/24 wieder auf.
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