Pünktchen, im Matrosenkleid und Rüschensöckchen, Anton mit Schiebermütze und Knickerbocker. Zurück ins Jahr 1930, als arme Kinder noch Streichhölzer und Schnürsenkel verkauften, um die Haushaltskasse aufzustocken und sich über jede gespendete Reichsmark freuten. Manch einer wird gähnend etwas tiefer in den Theatersessel sinken und sich wundern, wie detailgetreu Erich Kästners Kinderbuchklassiker auf der Bühne des Das Da Theaters umgesetzt wird. Doch gerade, nachdem man sich auf eine Zeit von vor 90 Jahren eingelassen hat, folgt der Umbruch.
Und so beginnt die modern inszenierte Interpretation von Mehdi Salim, der Kinderaugen die Geschichte nahbar und verständlich herüberbringt. Und unter musikalischer Darbietung und der kleinen Erinnerung, dass in unserer heutigen Zeit die Vergangenheit noch wichtig sei, werden sich die altbackenen Kleider vom Leib gerissen. Da wird Rock gegen Hose, Rüschen gegen Print, Blusen gegen T-Shirts und Litfasssäulen gegen Graffitiwände eingetauscht und der Zuschauer zurück ins Jahr 2020 gebeamt.
Auch wenn fast 100 Jahre zwischen der Entstehung der Geschichte und Umsetzung des Theaterstücks liegen – die Themen sind die gleichen geblieben. Noch immer klafft die Schere zwischen Arm und Reich weit auseinander. Kinder aus Hartz IV-Familien, die in der sozialen Situation gefangen sind oder Eltern, die sich die Klassenfahrt ihrer Tochter nicht leisten können. Das Stück bricht das gesellschaftliche Mantra, über Geld rede man nicht musikalisch und schauspielerisch auf und lüpft den Teppich unter den die Tabuthemen gekehrt wurden. Schon in den ersten Minuten wird nüchtern ins Publikum hinausgeschmettert: „Geld regiert die Welt!“
Sieben Lieder hat Christoph Eisenburger für das Stück komponiert, wobei jeder der Darsteller ein Solo singen wird. Bereits in den ersten Minuten der Darbietung wird klar, dass das Ensemble mit Nicole Sydow als Pünktchen, Fabian Vogt als Anton, Marvin Moers und Madeline Hartig in den Nebenrollen eine homogene Gruppe ist, die sowohl musikalisch als auch schauspielerisch überzeugt.
„Pünktchen und Anton“ thematisiert Freundschaft, Mut und Ehrlichkeit und stellt Kinder als Alltagshelden in den Fokus. In der Natur Kästners Erzählungen liegt es, Kindern in unserer Gesellschaft Gehör und eine Stimme zu verleihen. Das Familienstück, in dem das selbstbewusste Mädchen Pünktchen, eine tiefe Freundschaft zu Anton, einem Jungen aus armen Verhältnissen entwickelt und allerhand Abenteuer mit ihm erlebt, feiert unter aktuellen Corona-Schutzbestimmungen am Samstag, 31. Oktober, im Europa Saal des Eurogress Aachen Premiere. \ Katharina Hennecken
Am Rande
Inszenierung: Mehdi Salim
Musikalische Leitung: Christoph Eisenburger
Choreographie: Josephine Wirtssohn
Bühnenbild: Frank Rommerskirchen
Kostüme, Ausstattung, Maske: Nadine Dupont
Dramaturgie: Tom Hirtz
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