Shakespeare bewegt. Sprachlich wie emotional. Auch nach 400 Jahren können die Menschen mit den Protagonisten lachen, weinen, sich in sie hineinversetzten und mitfiebern. In seiner Inszenierung von „Ein Sommernachtstraum“ will sich Regisseur Roland Hüve genau das zu Nutze machen und beweisen, es sich lohnt Altes nicht neu zu erfinden, aber neu zu erzählen.
Lachen, Heiterkeit, leichte Unterhaltung. Ja, auch das gehört zu einer großen Komödie dazu. Und genau das ist „Ein Sommernachtstraum“. Shakespeare hat seine Stücke eben geschrieben, um die Menschen zu unterhalten. „Es ist ein Märchenspiel mit politischen Verwicklungen, einem Hauch Romeo und Julia, und mit Paraderollen wie der des Pucks oder des Quartetts der jungen Verliebten und nicht zu vergessen des unfreiwillig komischen Handwerkertrupps. Das sind jede Menge Zutaten, die die Geschichte leicht und beschwingt machen,“ erklärt Regisseur Roland Hüve, und es ist ein Stück, das zudem für alle Altersklassen interessant ist – besonders auch für Schulklassen, denn auch junge Menschen finden in dem Klassiker Personen und Situationen, mit denen sie sich auch heute noch voll identifizieren können. „Man lernt von Shakespeare so viel über die Liebe. Man sitzt als Vater, Sohn, Tochter oder Großeltern im Publikum und jeder findet seine Position. Banal gesagt: Es ist Mainstream. Aber doppelbödiger Mainstream.“
Es beginnt bereits damit, dass den Auftakt des Stücks ein drohendes Todesurteil macht. Hier landet der Besucher also nicht in einer reinen Schenkelklopf-Komödie, sondern in einem Theaterstück mit mehreren Ebenen. „Ganz klar wollen wir auf die Lachmuskeln der Zuschauer zielen, aber es geht auch um eine Urangst des Menschen. Nämlich der „vor der Dunkelheit und Nacht“, erklärt Hüve weiter. Daher haben er und seine Ausstatterin Lena Brexendorf sich entschieden den Haupthandlungsort – den dunklen Wald – nicht realistisch mit grünen Bäumen, sondern als dunkle Spielfläche, als wüste leere Welt darzustellen. Die Elfen leuchten darin auf, sind mal da, dann plötzlich wieder weg, Puck selber versteckt sich nicht hinter einem Baum, sondern in der puren Dunkelheit. „Wir wollen ein „Was-ist-hier-eigentlich-los“-Gefühl erschaffen, zwischen Lachen, Angst und Verwirrung. Natürlich erzählen wir die Geschichte nicht neu, aber wir machen sie anders interessant,“ so Hüve.
Für Dramaturgin Inge Zeppenfeld ist Shakespeares doppelbödige Haltung zur Liebe immer wieder spannend: „Der „Sommernachtstraum“ ist auch, aber nicht nur eine romantische Komödie. Shakespeare legt immer wieder den Finger in die Wunde und weist auf die kategorische Unvereinbarkeit zweier von uns Menschen gleichzeitig ersehnten Liebes-Zustände hin: Das wilde Sich-Hals-über-Kopf-Verlieben und die Ewig-währende-Liebe-bis-dass-der-Tod-sie-scheidet. Auf der einen Seite die explosive, alles sprengende, unberechenbare, anarchische Kraft der Verliebtheit, in der Ehe vornehmlich Sicherheit und Langlebigkeit. Ersteres führt uns Shakespeare anhand der vier jungen verliebten Menschen vor, sie erleben, wie schnell Verliebtheit kommen und gehen kann. Aber auch die Ehe, in unserem Fall zwischen Titania und Oberon, ist bei Shakespeare kein Zustand ewigen Glücks, sondern führt hier auf Grund eines Streits zwischen dem Paar fast zu einer Umweltkatastrophe, um es modern auszudrücken. Natürlich wissen wir als ZuschauerInnen längst alles über diese Ambivalenz der Liebe. Welche Beziehung hält schon ewig? Eltern sind geschieden, die eine große Liebe wird durch eine neue ersetzt. Und dennoch trifft uns die Geschichte über die Unbeständigkeit der Liebe ins Herz und lässt uns den Zwiespalt schmerzlich spüren.“ Ein Spannungsfeld, das die Geschichte über vier junge glücklich-unglücklich verliebte Menschen, über einen Handwerkertrupp, der ein Schauspiel über eine unglückliche Liebe probt und allerlei Elfen und Geister, die im Dunkeln alles aufmischen, noch erlebbarer macht. Traum trifft Albtraum, Liebe den Tod – genial lustig verpackt, auch wenn einem das Lachen im Hals stecken bleiben könnte. \ kw
Im Januar soll „Ein Sommernachtstraum“ am Theater starten. Karten für die Vorstellungen können ab sofort an der Theaterkasse reserviert werden. Spielzeiten entnehmen Sie bitte der Internetseite des Theater Aachen.
Aufgrund des erneuten Lockdowns bis voraussichtlich 10. Januar 2021 bitten wir Sie, sich beim jeweiligen Veranstalter über Öffnungszeiten und mögliche Terminänderungen zu informieren.
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