Von Kira Wirtz
Ein Feature, zusammengesetzt aus Dialogen, Reportagen oder auch Kommentaren, ist ein absolut innovatives Format für die Oper. Und ein solches Feature hat Regisseurin Ewa Teilmans zur Oper „Turandot“ entwickelt. Man bekommt unterschiedliche Perspektiven auf das Thema, es geht um die Tiefen der Charaktere, um deren Innerstes.
Seit rund einem halben Jahr arbeitet die Regisseurin an „Turandot?– Aspekte einer Innenansicht“. Ursprünglich um sich besser kennenzulernen, vergab Teilmans am Ende einer Zoom-Konferenz kleine Aufgaben: „Ich bat die Sängerinnen und Sänger zum Beispiel ihre Rolle zu porträtieren. Und da bekam ich von Sonja Gornik einen sehr schönen Ansatz zu einer Kurzgeschichte über die Hauptperson Turandot. Und daraus konnte ich eine ganz eigene Geschichte entwickeln, das Innenleben der Person Turandot herausarbeiten und mit ausgewählten Arien der Oper verstricken.“ Herausgekommen ist ein Feature zu Puccinis Oper, die in der kommenden Spielzeit, voraussichtlich im Februar 2022, auf die Bühnegebracht wird.
„Das Ensemble, bestehend aus acht Sängerinnen und Sängern, bleibt auch bei der Oper im kommenden Jahr das selbe. Hinzu kommt der Opernchor und das Orchester. Die Inszenierung wird ganz anders. Jetzt ist alles clean und reduziert. Die Oper selber wird opulent.“ Beim Feature verzichtet man auf Chor und Orchester, musikalisch werden die Sänger nur vom Klavier begleitet.
„Und auch sonst gibt es natürlich große Unterschiede zur Oper. Wir lernen hier die Person Turandot kennen, die grausame Herrscherin, aber auch die zarte Frau mit ihre inneren Verletzungen. Wir blicken quasi in ihre Seele.“ Zwischen den Arien gibt es längere Textpassagen, die Teilmans entwickelt hat. Es spricht nicht nur Sonja Gornik in der Rolle der Turandot, auch die anderen Sänger teilen die Gedanken ihrer Rollen mit dem Publikum. Ein weiterer Unterschied ist die Idee einer hybriden Inszenierung. Um das Feature, sollte das Corona-Virus eine Liveaufführung unmöglich machen, dennoch dem Publikum zu zeigen, wird es eine digitale und analoge Aufführungsform geben. Selbst wenn eine Liveaufführung stattfinden kann, wird es eine digitale Version geben, damit auch die Zuschauer, die sich momentan nicht ins Theater begeben wollen, das Feature sehen können. Vorab, während der Proben, aber auch für bestimmte Filmsequenzen in der Live-Inszenierung, wurde gefilmt?– nicht nur vor Ort, sondern sogar in der Stadtbibliothek Stuttgart. „Ich hatte ein Bühnenbild vor Augen und habe es in der Realität gefunden. So ein Glück muss man erstmal haben.“
In ihrer Inszenierung denkt Teilmans aber hauptsächlich an die Bühnenfassung des Stücks. Der Film, der daraus entsteht, rückt während der Proben in den Hintergrund. Ich sehe meine Arbeit darin, eine gute Inszenierung zu machen. Ich sorge quasi dafür, dass der Filmemacher Michael Chauvistré genügend gutes Material erhält, um daraus den Film zu machen.“
Ungefähr eine Woche nach der Live-Premiere am 12. Juni wird auch die Digitalversion zur Verfügung stehen. Teilmans sieht solche hybriden Produktionen als Chance, vielleicht auch als eine neue Kunstform im Theater. „Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir uns mehr mit den digitalen Möglichkeiten beschäftigen.“ Allerdings seien diese kein Ersatz für ein Live-Theaterevent. Bühnenstücke, ob Oper oder Schauspiel, gehören auf die Bühne und vor ein Publikum. Und dafür wird auch jetzt wieder geprobt „Insgesamt haben wir eine Probenzeit von dreieinhalb Wochen. Es sind die ersten Live-Proben seit langer Zeit. Das merkt man auch den Sängerinnen und Sängern an. Es ist beglückend und rührend, wenn man die Spiellust spürt und die Freude, das Geprobte endlich vor Publikum zu präsentieren.“
Und dann erwartet den Zuschauer ein eindrucksvoller Abend, egal ob im Theater oder auf dem Sofa. „Und natürlich wird Timothy Richards in der Rolle des Kalaf auch die berühmte Arie Nessun Dorma aus „Turandot“ singen.“ Ein Appetizer mit eigener Beständigkeit auf eine große Oper im nächsten Jahr.?\
Alle Aufführungstermine und digitalen Angebote gibt es auf der Website des Theater Aachen.
Zum Stück
„Turandot – Aspekte einer Innenansicht. Ein musikalisches Feature“
Musikalische Leitung: Mathis Groß
Inszenierung: Ewa Teilmans
Bühne: Elisabeth Pedross
Kostüme: Sarah Borchardt
Video: Michael Chauvistré
Dramaturgie: Michael Schmitz-Aufterbeck?\
WEITEREMPFEHLEN