Von Richard Mariaux
„Lazarus“ – David Bowies persönlicher Abschied mit einem Musical, hatte Premiere im Dezember 2015 am New Yorker Off-Broadway. Die Inszenierung am Theater Aachen verspricht neben 17 Bowie-Songs auch bildgewaltige Bühnenszenen zwischen Traumwelt und Realität eines in Einsamkeit verharrenden Alter Ego Bowies – Thomas Jerome Newton.
Am Anfang stand der Film. „The Man Who Fell to Earth“ (1976) des britischen Regisseurs Nicolas Roeg war eine Paraderolle für David Bowie. Der Außerirdische Thomas ¬Jerome Newton, der seinen ausdörrenden Wüstenplaneten verlässt, um auf der Erde Wasserreserven für seine Familie aufzutun, und dann den Planeten nicht mehr verlassen kann.
Regisseur Christian von Treskow sieht eine direkte Verbindung von der Filmrolle zur weiteren Karriere des Künstlers. „Der Film markierte ja auch einen Einschnitt in Bowies Karriere. Wie dieser Thomas Newton war der „Thin White Duke“ (beginnend mit dem „Station to Station“-Album) eine weitere Kunstfigur. Ziggy Stardust war tot, es musste eine neue Identifikationsfigur her. Das war sein Alter Ego, das ihn ja dann auch jahrzehntelang beschäftigt und nicht mehr losgelassen hat. Deswegen ist er am Ende seines Lebens nochmals darauf zurückgekommen. Dramatischerweise ist diese Figur ja die, die nicht sterben kann.“
„Der Film endet, wo Thomas Jerome Newton nicht mehr wegkommt von der Erde und da setzt auch das Stück an. Wir sehen ihn in seiner Wohnung, vernebelt von Alkohol und Drogen. Was passiert, findet auf so einer Traumdramaturgie-Ebene statt. Das tarieren wir gerade aus. Viele Figuren treten dazu, teils in seiner Phantasie, teils real“, erzählt Inge Zeppenfeld.
Neben der Broadway-Produktion sind in den letzten Jahren mehrere neue Inszenierungen von „Lazarus“ – auch an deutschen Theatern – entstanden. Die Freiheit der Gestaltung gebiert die unterschiedlichsten Bühnenbilder – vom New Yorker Wohnhaus mit mehreren Etagen bis hin ins Innere eines Raumschiffs. Christian von Treskow orientiert sich in seiner Regiearbeit an einem Bowie-¬Video. „,Ashes to Ashes‘ ist ein Song, der nicht in dem Stück vorkommt. Es gibt am Anfang und Ende des Videos so etwas merkwürdige Assoziationsräume – Gummizelle, Krankenhauszimmer, Wüste, Aliens, fremder Planet, das ist eigentlich unser Ansatz. Wir versuchen dies so weit wie möglich wegzuholen vom Realismus hin zu einer maximalen Fokussierung auf das Hirn von Thomas Jerome Newton.“
Gibt es optische Anspielungen an Bowie in der Inszenierung? Von Treskow: „In der Ausstattung entfernt. Es gibt die eine oder andere Kostümanspielung. Bowies Geist ist doch eher in der Musik zu suchen.“
Von Treskow unterstreicht die Idee der Traumdramaturgie. „Es ist keine folgerichtige Handlung. Da folgt nicht eins auf das andere, da gibt es keine Figuren, die logisch gebaut sind. Man muss da mit einer anderen Farbpalette herangehen, als bei einem realistischen Stück. Alles kommt eigentlich aus dem Hirn dieses Thomas Newton. Bowie identifiziert sich mit dieser Figur und verlängert quasi dadurch seine eigene Existenz in der Kunst über den eigenen Tod hinaus.“
Den Rahmen bilden die 17 Bowie-Songs, die von der siebenköpfigen Band auf einer zweiten, erhöhten Ebene gespielt werden. Warum Bowie ausgerechnet diese Songs gewählt hat? Inge Zeppenfeld: „Das haben wir uns auch gefragt. Vier Songs (aus dem letzten „Blackstar“-Album) hat er ja extra für das Bühnenstück geschrieben. Ich glaube, wenn man kurz vor dem Lebensende steht, dann wählt man aus, was einem wirklich was bedeutet hat. Ich hätte auch gedacht „Ashes to Ashes“ wäre dabei oder Major Tom aus „Space Oddity“, aber es gibt für die meisten Songs tatsächlich eine Begründung – meist assoziativ zum Thema „Ewigkeit – gute und schlechte Erinnerungen.“
Inge Zeppenfeld unterstreicht einen weiteren Grund, warum sich das Theater für „Lazarus“ auf dem derzeitigen Spielplan entschieden hat: „Wir haben eine Reihe an Schauspielern, die exzellent singen können. Wir brauchen für diese Rollen fast keine Gastsängerinnen. Wenn du „Nicht mit uns! Ein Protestabend“ gesehen hast, da hat Benedikt Voellmy die Zugabe mit „Heroes“ gesungen, das war schon sehr beeindruckend und wird für viele ZuschauerInnen Anreiz sein, sich „Lazarus“ anzusehen!“ \
18., 25.+31.1.
„Lazarus“
19.30 Uhr, Bühne, Theater Aachen
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