Auf den ersten Blick könnte man Stan Beurskens auch für einen Surflehrer aus Scheveningen halten: sein blondes Haar ist vom Wind zerzaust, die Haut sonnengebräunt, um seine Augen blitzen beim Erzählen freundliche Lachfältchen auf. Beurskens betreibt das größte Weingut in den Niederlanden und ist ein Pionier in Sachen Nachhaltigkeit: Er besitzt 32 Hektar, verteilt auf fünf Lagen in der näheren Umgebung.
Davon sieht man fast nichts, wenn man den Hauptsitz in Vijlen besucht. Es gibt einen Mini-Weinberg mit 122 verschiedenen alten und neuen Rebsorten und einen Verkostungsraum – mehr nicht, zumindest auf den ersten Blick. Denn der Schein des kleinen Verkaufsraums mit Gastraum und idyllischer Terrasse mit phänomenalem Blick über die Wiesen des Heuvellands trügt: Das Weingut verfügt über einen vierstöckigen topmodernen und energieeffizienten Weinkeller samt Labor, der 18 Meter tief im Limburger Boden versteckt ist. „Unsere Geschichte lässt sich am besten bei Führungen und Verkostungen erleben“, sagt Beurskens und führt fort: „Wir haben eine Geschichte zu erzählen. Ich habe in der ganzen Welt gearbeitet und bin nach Süd-Limburg zurückgekehrt, weil hier meine Wurzeln sind. Mir sind die Natur und Umwelt wichtig, deshalb ist das unsere Besonderheit geworden. Ich möchte das nachhaltigste Weingut der Welt sein.“
Der Erfolg von St. Martinus ist ihm nicht in den Schoß gefallen, dafür hat er hart gearbeitet: Sein Vater Hans Beurskens hat das Weingut in den 1980er Jahren gegründet. Zunächst mit einem Hobby-Weinberg in Vaals und der Herstellung von Obstweinen, dann mit dem Umzug nach Vijlen und der Anlage eines Versuchsgartens mit 40 Traubensorten, um herauszufinden, welche Sorten sich für die Herstellung eines hochwertigen Rotweins eignen. Als er schwer erkrankte, übernahm Stan mit gerade einmal 17 Jahren den Betrieb und machte seinen ersten Weiß- und Rotwein. Sein Studium der Verfahrenstechnik in Wageningen erweitert er in den 1990er Jahren um önologische Fächer. Er studiert an den Weinuniversitäten im südafrikanischen Stellenbosch und im hessischen Geisenheim, bevor er nach Vijlen zurückkehrt und den Betrieb weiter ausbaut. 1999 gibt es die erste Medaille für einen St. Martinus-Wein. Es ist ein Spitzenjahr und Stan beschließt, seinen ersten „Prestige“-Wein zu machen, für den die Traube so lange wie möglich hängen gelassen wird, um das bestmögliche Aroma zu erhalten. 2007 gründet er eine eigene Beratungsfirma, um die Weingüter in den BeNeLux-Ländern in Sachen Weinbau und Weinbereitung zu beraten, im Jahr darauf wird erstmals Schaumwein nach der „Méthode Traditionnelle“ hergestellt.
Unter seiner Führung entwickelt sich das Weingut St. Martinus zu einem renommierten Unternehmen mit 45 Mitarbeitern aus 12 Nationen, die Weine sind in fast allen Spitzenrestaurants der Region erhältlich und stehen auf den Speisekarten vieler niederländischer Sternerestaurants, beispielsweise dem renommierten 2-Sterne-Restaurant „Ciel Bleu“ in Amsterdam. „Wir liefern allein an Sternerestaurants jedes Jahr 55.000 Flaschen Wein“, erklärt Beurskens, der gerne auch in der deutschen Spitzengastronomie vertreten wäre. „Die meisten Deutschen denken, wir machen „holländischen“ Wein, es ist aber absolut regionaler Wein, der gerade einmal ein paar Kilometer von Aachen entfernt angebaut wird. Da haben wir noch einiges an Überzeugungsarbeit vor uns“, sagt er und lacht verschmitzt, denn die deutschen Gäste, die das Weingut besuchen, sind längst überzeugte Fans.
Für ihn ist Weinmachen Kunst. Ein kreativer Prozess, den er mit dem Schaffen eines Gemäldes vergleicht, der aber auch technische Fähigkeiten erfordere. Als Önologe beschäftigt er sich wissenschaftlich mit den biochemischen Aspekten der Weinherstellung: „Ich bin ein Landwirt, aber auch Biologe und Chemiker, als Winzer ist es wichtig zu wissen, wie Bakterien, Pilze und Gärung funktionieren. Ich bin technisch interessiert und beschreite beim Anbau, der Herstellung und dem Verkauf immer wieder innovative Wege.“ So besaß St. Martinus als erstes Weingut in den Niederlanden einen Traubenvollernter, obwohl auf dem Weinberg die Handlese bevorzugt wird und zur Lese jedes Jahr rund 600 Freiwillige zwischen den Weinreben anzutreffen sind, die mit geübtem Schnitt die Trauben ernten.
Die Welt des Weinbaus ist konservativ-traditionell, weshalb Stan Beurskens zeigen möchte, dass man es auch anders machen kann: mit Präzisionslandwirtschaft, neuen pilzwiderstandsfähigen Rebsorten und möglichst wenig Pestiziden. Der Winzer setzt Drohnen und künstliche Intelligenz ein, so werden Krankheiten in einem frühen Stadium erkannt und zeitnah und präzise bekämpft. Außerdem werden so viele Daten wie möglich gesammelt: „Die kann ich vielleicht noch nicht jetzt nutzen, aber in zehn Jahren schon“, sagt Beurskens, der heimatverbundene Pionier mit Weitblick. \ Belinda Petri
Wijndomein St. Martinus
Rott 21a, 6294 NL Vijlen
wijngaardmartinus.nl Noch ein paar Tipps:
Die 18 St. Martinus-Weine (und 3 Grappa-Sorten) sind nur in ausgewählten Restaurants, im Weinshop sowie online erhältlich. Dort kann man auch die Führungen und Verkostungen mit Regionalprodukten (Wurst, Schinken und Käse) buchen. Außerdem bietet die Thermae 2000 in Valkenburg Weinbäder mit dem Trester der Monarch-Traube, deren Schale viele hautfreundliche Antioxidantien enthalten, an.
Tipp: 13.10. BBQ-Event „St. Martinus Meats Kuusj: Next level”
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