Von Richard Mariaux
Im Jahr 2017 reiste Wolfgang Niedecken für eine mehrteilige arte-Fernsehproduktion auf den Spuren Bob Dylans durch die USA. In diesem Jahr ist sein Buch über diese Reise erschienen. Im August ist Niedecken auf Tour und liest am 7. August auf Burg Wilhelmstein aus seinem Buch „Wolfgang Niedecken über Bob Dylan“ und spielt den einen oder anderen Dylan-Song – im Original oder auf kölsch.
Neun Orte wurden in einer Route von Wolfgang Niedecken zusammengestellt, in denen Dylan Spuren hinterlassen hat. Hibbing und Duluth sind zwei kleine Nester an der kanadischen Grenze, in denen Niedecken spontan eine Landschaft wie aus dem Film bzw. der Serie „Fargo“ geschnitten sieht. Hier wurde Bob Dylan als Robert Zimmermann geboren. Es gibt ein Dylan-Cafe mit privater Memorabilia-Sammlung, eine Wohnstraße namens „Bob-Dylan-Drive“, in dem das Eckhaus 2425 der früheren Familie Zimmermann heute noch steht. Die Hibbing High School präsentiert stolz in ihren Vitrinen Fotos und alte Jahrbücher ihres berühmtesten Schülers. Natürlich gehören auch die Orte New York und Woodstock zu den Haltepunkten des Fernsehteams. Während seiner Vorbereitungen zu der Reise erfährt ein geschockter Niedecken, dass der Schriftsteller Sam Shepard gestorben ist – ein Weggefährte Dylans, den Niedecken über Wim Wenders (& den Film „Don‘t Come Knocking“) kennengelernt hatte und der als ein weiterer Gesprächspartner dieser Reise vorgesehen war.
Das kleine 226 Seiten umfassende Büchlein in der Reihe „KiWi Musikbibliothek“ beschreibt nicht nur anekdotenhaft einige Weggefährten in der Historie von Dylan, sondern legt auch einen starken persönlichen Fokus auf Niedeckens eigene Künstlerkarriere mit BAP, die ohne einen damals Dylan-Texte rezitierenden Mitschüler und die Schülerband The Troop wohl nicht passiert wäre.
Das auch im Geiste von Jack Kerouac geschriebene Roadmovie ist eine ideale Stütze für einen imaginären Austausch zwischen Meister und Schüler. Niedecken liest ausgewählte Passagen und spielt die in Frage kommenden Lieder dazu. Das können BAP-, Niedecken- oder auch Dylan-Songs sein. Manchmal wechselt er mitten im Song, vom Englischen ins Kölsche, weil er von vielen Dylan-Songs Coverversionen aufgenommen hat. In Woodstock und New Orleans hat der BAP-Sänger eigene Alben wie „Zosamme alt“ oder „Familienalbum/Reinrassije Strooßeköter“ in den historischen Tonstudios, teils mit Dylan-Musikern wie z.B. Larry Campbell aufgenommen. Viel näher kann man seinem Vorbild nicht kommen – doch zwei kurze, persönliche Begegnungen schildert Niedecken ebenfalls in seinem Buch.
Worte des Meisters
Mit einem Einakter von Sam Shepard („True Dylan“) endet auch der Interview/Gesprächsband „Bob Dylan: Ich bin nur ich selbst, wer immer das ist“. Der von dem Literaturwissenschaftler Heinrich Detering zusammengestellte Band beginnt mit Übersetzungen diverser Gespräche im Jahr 1962 und endet mit einem Interview mit Douglas Brinkley 2020 für die New York Times. Während die Gespräche im Laufe der Jahrzehnte tiefgründiger, zuweilen offener und auch in seinen Antworten bisweilen bissiger und Haken schlagender werden, zeigt Dylan 1966 eindrucksvoll eine Palette kunstvoller Ironie gegenüber seinem Gesprächspartner: »Ich weiß nicht, wie das Motto der jüngeren Generation lautet, aber ich vermute, sie folgen noch immer ihren Eltern. Und was würde ein Vater seinem Sohn sagen, wenn der plötzlich mit einem Glasauge, einer Charlie Mingus-Platte und den Taschen voller Federn nach Hause käme? Er würde sagen: „Mein Sohn, wem folgst du?“ Und der arme Junge würde da stehen, Wasser in den Schuhen, einen Schlips am Ohr und Ruß, der ihm aus dem Bauchnabel kommt, und sagen: „Dem Jazz, Vater, ich folge dem Jazz.“ Und dann würde sein Vater wohl sagen: „Hol einen Besen und kehr den Ruß weg, bevor du ins Bett gehst.“ Und die Mutter würde ihren Freundinnen sagen: „Unser kleiner Donald gehört nun mal zur jüngeren Generation“. \
7.8.
„Wolfgang Niedecken liest und spielt Bob Dylan“
20 Uhr, Burg Wilhelmstein
Am Rande
2021 ist überhaupt Dylan-Jahr. Der wohl einflussreichste Singer-Songwriter der Popkultur wurde im Mai 80 Jahre alt. Wolfgang Niedeckens Spurensuche passt da ebenso ins Jubiläumsjahr, wie das im Kampa Verlag erschienene Buch mit Gesprächen und Interviews aus knapp 60 Jahren einer außergewöhnlichen Karriere. \
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