Von Ulrich Kriest
Mehr als 30 Bands und DJs spielen an den zwei Tagen auf dem Campus Melaten. Querbeat, Dub FX, Marley‘s Ghost und – ein Geheimtipp – das Frauentrio Wyvern Lingo aus Irland am 15. Juni gehören neben den Parcels, Bukahara und Kid Simius am 16. Juni sicherlich zu den TopActs des zweitägigen „Kimiko“-Festivals.
Falls das Berliner Stadtmarketing mal auf die Idee kommen sollte, sich bei Patrick Hetherington, Louie Swain, Noah Hill, Anatole Serret und Jules Crommelin persönlich für die explizite Werbung für die Hipster-Hochburg zu bedanken, ist wohl etwas Geduld gefragt. Denn die fünf Musiker von Parcels, die modisch immer so auftreten, als seien sie direkt einem Film von Wes Anderson entsprungen, sind die meiste Zeit des Jahres unterwegs. Aber nicht, weil sie Berlin blöd oder langweilig finden, sondern weil sie mittlerweile international so erfolgreich sind, dass sie sich nur noch selten zum Proben in ihrer Wahlheimat einfinden. Dass sich die passionierten Surfer und talentierten Musiker 2014 entschlossen, ihrer Heimatstadt Byron Bay im australischen New South Wales den Rücken zu kehren und – wie einst schon die Go-Betweens, Kylie Minogue oder Nick Cave – nach Europa zu ziehen, hatte sicher logistische Vorteile, wenn man die Pop-Welt umkrempeln will.
Allerdings wählten Parcels nicht etwa das teure London, sondern das hippe und damals noch bezahlbare Berlin. Dort, so will es die Legende, bezog die Band ein kleines Apartment, finanzierte sich durch McJobs, ernährte sich von McFraß, schrieb Songs und trat live auf, wo immer man sie ihre eigentümliche Mischung aus Yacht Rock, Indie-Pop und Funky Disco spielen ließ. Im Studio entwickeln Parcels ihre Songs in langen Jam-Sessions, was sich wiederum äußerst vorteilhaft auf ihre Live-Qualitäten auswirkt. Parcels sind ausgelassene Live-Performer alter Schule, deren Lebensfreude und „Nowness“ ansteckend wirkt. Ein Kritiker hat einmal das Erfolgsrezept eines Parcels-Abends auf folgende Formel gebracht: „Die Band tut so, als sei sie die aufregendste Popband der Gegenwart – und das Publikum tut so, als stimme das tatsächlich.“ Chuzpe überzeugt. Nach einem Konzert in einem Pariser Club luden Daft Punk die fünf Australier in ihr Studio ein, um gemeinsam die Single „Overnight“ zu produzieren, die zu einem Hit der gehobenen Pop-Hörerschaft wurde. Spätestens 2017 galten Parcels als eine „band you have to see“. Unterstützt von Daft Punks Thomas Bangalter gingen Parcels ins Studio, um ihr Debütalbum zu produzieren.
Aus 50 Songs schafften es schließlich zwölf Songs auf das Album – eine schöne Mischung, die im Herbst 2018 irgendwie klingt, als hätten 1976/77 Steely Dan Daft Punk getroffen, um über das neue Album von Chic zu diskutieren, während ganz nebenher im Hintergrund die Hits von Prefab Sprout und Hall & Oates liefen. Euphorischer, sehr ausgecheckter Westcoast- Blue Eyed Soul, eingewandert aus Byron Bay, produziert in Berlin und geliebt (nicht nur) in Paris, weil er immer hip, aber nie retro klingt. \
15.-16.6.
„Kimiko – Isle of Campus“
ganztägig, Campus Melaten
kimiko-festival.de
Weitere Highlights
15.6.
„Euregio Slam“
vier Poetinnen und Poeten aus den drei Euregio-Ländern.
16.6.
„Best of Poetry Slam
die vier besten Slammer Deutschlands
„The Knowledge“
Das Wissenszelt mit Akteuren/Speakern aus verschiedenen Wissensgebieten und Branchen.
Die drei Bühnen
Mainstage, Electrotent und Talentstage – bieten ein Programm von 13 bis 23 Uhr.
Das komplette Programm kann im Programmheft nachgelesen werden. Tickets im Vorverkauf gibt’s hier.
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