Gezeigt werden Werke des US-amerikanischen Künstlers Keith Haring (1958-1990) aus den Jahren 1980 bis 1984: einige seiner Kreidezeichnungen aus der New Yorker U-Bahn, Zeichnungen zur Tanzvorstellung „Epochal Songs“ und – erstmals in Europa – auch die 13 Wandbilder des New Yorker „Grace House Mural“. Dabei spielen die Fotografien von Tseng Kwong Chi (1950-1990), einem engen Freund von Keith Haring im pulsierenden New York eine ebenso große Rolle wie die Tanzperformance von dessen Schwester Muna Tseng.
Die Performance der New Yorker Choreografin bei der Ausstellungseröffnung geriet zu einer faszinierend-beklemmenden Geschichtswiederholung angesichts der aktuellen Geschehnisse in der Ukraine und der Unberechenbarkeit Russlands als Atommacht. Und das exakt 40 Jahre nach der von Haring und Tseng entwickelten Tanzchoreografie „Epochal Songs“ im Kontext des Kalten Krieges und der damals allgegenwärtigen Nuklearbedrohung. Diese brisante Aktualität zieht sich durch die gesamte Ausstellung und das vielfältige Werk Keith Harings: die vordergründig kindlich-schlichten Strichmännchen visualisieren kritische Reflektionen der politisch-gesellschaftlichen Umstände – in universell lesbarer (Bild-)Sprache. Haring studierte zunächst Werbegrafik und traf 1978 in der pulsierenden Club- und Queer-Szene New Yorks auf die chinesischstämmigen Künstler-Geschwister. Durch die Fotografien von Tseng Kwong Chi ist das ephemere Werk Harings zumindest in Teilen konserviert: Von den rund 5000 „Subway Drawings“, die Keith Haring seit 1980 mit weißer Kreide auf dem schwarzen Makulaturpapier der nicht bespielten Werbetafeln in der New Yorker U-Bahn skizzierte, sind nur sehr wenige erhalten. Die schillernd bunte Pop Art-Welt steht für die Evolution von Konservatismus, Kaltem Krieg und nuklearer Bedrohung hin zu einer liberalen und sexuell freizügigen Ära, die mit der AIDS-Pandemie seit den 1980er Jahren vor allem in der queeren Szene eine tragische Komponente erhielt. Sowohl Keith Haring als auch Tseng Kwong Chi starben 1990 an der damals kaum behandelbaren Immunschwächekrankheit. Neben den Kreidezeichnungen mit einigen seiner ikonischen Formen wie dem bellenden Hund, dem Strahlenbaby, Menschen in Bewegung mit verdrehten Körpern, stellen die 13 Wandbilder des „Grace House Mural“ ein Highlight der Ausstellung dar. Der Auftrag des Schunck Museums, mit der Keith Haring-Ausstellung die Welt ein wenig bunter zu machen, kann bereits jetzt als erfüllt angesehen werden: In der Streetart-City Heerlen hat die Graffiti-Kunst aus New York auch schnell eine eigene Form von Rezeption gefunden – auf den Betonquadern vor dem Glaspaleis treffen die Raben-Stencils des Heerlener Streetart-Künstlers Dazetwo auf den Keith Haring-Hund. \ bep
bis 26.9.
Keith Haring – „Grace House Mural“
Schunck*
Eintritt: 12,50 Euro (bargeldlose Zahlung!)
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