Da ist einiges passiert und auf dem Weg im Kunsthaus NRW. Das Haus ist inzwischen eigenständig und nicht mehr dem Ministerium unterstellt. Es konnte sein Team aufstocken und die Kunstvermittlung räumlich stärken. Die Schäden des Hochwassers sind noch sichtbar, da zur Schimmelvermeidung Putz abgeschlagen werden musste, um aufsteigende Feuchtigkeit des Mauerwerks zu stoppen. Das Klosterküchengewölbe stand komplett unter Wasser, der untere Vorhof über einen Meter. Die Sammlung ist nicht betroffen, aber Außenskulpturen.
Der noch zu entfeuchtende Klosterküchenkeller beherbergt zunächst zwei Installationen. Der bewohnte älteste Teil des Klostergebäudes, die ehemalige Brauerei, ist während der Entfeuchtung Studienstätte der Bauforschung. Später soll hier eine Gastronomie Einzug halten. Das Skulpturenlager gegenüber wird bespielt mit einer Installation, die fragmentierte und auf Bauhöfen zwischengelagerte Kunst am Bau in einem künftigen Braunkohletagebausee als Tauchattraktion abzulegen vorschlägt.
Das Landesbüro für Bildende Kunst (labk.nrw) berät bildende Künstler in Nordrhein-Westfalen. Die Informationsplattform wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes getragen und an das Kunsthaus NRW angegliedert. Dank seiner digitalen und mobilen Struktur bleibt es jedoch von überall zugänglich und will „Produzieren“, sprich kommentierte Inhalte sammeln und „Diskutieren“, sprich diskursfördernd im ganzen Land Veranstaltungen zu aktuellen, kulturpolitischen Themen durchführen.
Mit der Eigenständigkeit des Kunsthauses NRW ist auch die Möglichkeit gegeben, neben den durch eine Jury bestimmte Förderkäufe aktueller Kunst aus NRW, einzelne Werke zu erwerben, die von früher übersehenen Künstlern stammen, etwa ein rundes Prismenrelief von Mary Bauermeister. In der Ausstellung, die für die Sammlung in die Anfänge der Moderne im Rheinland und in Westfalen zurückgreift, sind Leihgaben von August Macke integriert, um unter dem Thema aufbrechen, die Anfänge, aber auch die Krisen, Kriegswirkungen und Umbrüche der Kunst im Land seither zu dokumentieren. Wie bisher auch, bieten in diesen Auswahlprozessen provisorische Einbauten das Gerüst für eine Erzählung über die Kunst aus NRW und den Sammlungsbestand unter einem bestimmten Aspekt. Die Reihe heißt „Sammlung mit losen Enden“, denn die Dokumentation der Sammlung, die im Gange ist, hat nicht nur 4.000 in Landesgebäuden verteilte Förderkäufe im Blick zu behalten, sondern umfasst auch Bestände aus Stiftungen, Casinobesitz und teils ungeklärte Schenkungen. Solche anzunehmen, besteht jetzt auch die Möglichkeit, sofern das zum Sammlungsziel passt. 1948/49 wurden 191 Kunstwerke von 125 KünstlerInnen erworben und seitdem weitere auf Landesbüros verteilt. Seit 1976 ist die Sammlung in der ehemaligen Reichsabtei untergebracht. Maria Engels, die Tochter des Begründers des Förderkonzeptes Dr. Matthias Engels, betreute die Sammlung bis 2014. Die Kunst wurde empfindlicher und sicherungsbedürftiger. Ankäufe junger Künstler wurden immer kostbarer, sodass Dokumentation und Sicherung wichtiger wurden. Ein unschätzbarer Überblick über 70 Jahre Kunstschaffen des Landes wurde angelegt, der so nirgendwo sonst zu zeigen ist. In Portionen, wie das seit 2015 der neue Leiter Dr. Marcel Schumacher mit kleinem, aber nun wachsendem Team macht. Zu den vielen Einzelausstellungen gefördertert von Maria Engels sind Garten, Baukultur, Medienkunst und weitere Räume hinzugekommen. Am Anfang des Eifelstiegs und mit der fortschreitenden Restaurierung der Abteigebäude lassen sich wohl auch weitere Menschen gewinnen, die einen Zugang zu den Neuerungen der Kunst bekommen können. So treffen knarzende Parkettböden auf hochtechnisierte aktuelle Kunst, barocke Pracht auf minimalistische Kunst. \ ⇥Von Dirk Tölke
bis 28.8.
„Gemeinschaft und Gemeinschaften“
Kunst in NRW im 21. Jahrhundert
bis 13.11.
„Garten der Fragmente“ – Skulpturengarten 2022
bis 5.3.2023
„Sammlung mit losen Enden 05“: „aufbrechen“
Kunst in Rheinland und Westfalen von 1912 bis heute
Kunsthaus NRW, Kornelimünster
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