Das verbindende Element dieser Ausstellung ist ein nicht enden wollender Satz. Er schlängelt sich durch die Räume, über Wände und Boden, verdichtet sich an manchen Stellen zu einem kleinen Textblock, der sich aber sogleich wieder in der Wörterschlange auflöst. Von den Kabinetten des Ludwig Forums geht es durch die zentrale Halle, vorbei an der Mulde, ins Foyer und dann die Treppe hinauf in die oberen beiden Etagen. Immer wieder liest man in diesen Satz hinein, sucht nach einem Sinn, was sich aber schnell als sinnlos erweist. Und doch schafft der Text in seiner flüchtigen Form Zusammenhänge, nimmt immer wieder Bezug zu den gezeigten Werken, bietet assoziativ Anknüpfungspunkte.
Es ist ziemlich lange her, dass die Räume des Ludwig Forums so umfangreich mit einer Ausstellung bespielt worden sind, wie mit der aktuellen Schau „Bad Words“ der aus Israel stammenden Künstlerin Keren Cytter. Nimmt man das zweitägige Festival „Cold Summer“ hinzu, das zur Eröffnung der Ausstellung am 25. und 26. Juni nicht nur im, sondern auch um das Ludwig Forum herum in Hof und Park stattgefunden hat, dann lässt sich sogar sagen, dass Cytter das Haus nahezu ganzheitlich okkupiert hat.
Die Ausstellung „Bad Words“ ist eine Art Reflexion über das Erwachsenwerden. Sie beginnt tatsächlich in der Kindheit, doch unschuldig ist schon da nichts mehr. Immer wieder schimmern Ängste oder Traumata in den Arbeiten durch, Autobiografisches trifft auf Fiktives und Fantasiertes. Cytter untersucht die Rolle von Kommunikation in zwischenmenschlichen Beziehungen, und wer will, kann es als Geschichte des Scheiterns lesen. Oder – durchaus humorvoll – als Geschichte des Absurden.
Das hat in seiner Vielfältigkeit etwas Überbordendes, was allerdings auch dem Werk der Künstlerin entspricht. Cytter (44) arbeitet interdisziplinär, in der Aachener Ausstellung, die einen Überblick über Cytters Schaffen der vergangenen 20 Jahre gibt, sind sowohl experimentelle Videoarbeiten zu sehen, mit denen sie bekannt wurde, wie auch Bücher (neben Romanen wurden Auszüge aus ihrem Tagebuch publiziert, aber auch Bücher für Kinder), Skulpturen, Installationen und auch Zeichnungen, die sie mal mit dem Kugelschreiber, mal mit Buntstiften, mal mit neonfarbenen Markern ausführt. Aber auch Performance, Tanz und Theater sind Disziplinen, in denen Cytter sich immer wieder ausdrückt.
Zentral ist dabei auch immer wieder die Zusammenarbeit mit befreundeten Künstlerinnen und Künstlern. So sind in Aachen unter anderem Skulpturen zu sehen, die Cytter zusammen mit John Roebas entworfen hat.
Keren Cytter hat in Tel Aviv und an der Hochschule De Ateliers in Amsterdam Kunst studiert. Von 2005 bis 2012 lebte sie in Berlin, seitdem in New York. Sie hatte Einzel- und Gruppenausstellungen in Museen weltweit, darunter die Kunsthalle Zürich, das MUMOK in Wien, das Moderna Muset in Stockholm und das Solomon R. Guggenheim Museum in New York. Zudem war sie bei Biennalen rund um den Globus vertreten. Im Wintersemester 2014/15 wurde sie zur Professorin für „Freie Kunst“ an der Kunstakademie Düsseldorf berufen.
Wenn es „bad words“ gibt, schlechte Worte also, gibt es dann auch „good words“? „Ja“, sagt Keren Cytter. „Aber kann man denen Glauben schenken? Ich jedenfalls glaube ihnen nicht.“ \⇥chr
bis 25.9.
Keren Cytter – „Bad Words“
Ludwig Forum für Internationale Kunst
Di-So 10-17, Do 10-20 Uhr
WEITEREMPFEHLEN