Rainer Bauer geht malerisch an die Natur heran. Wasser, Wolken, Wald und Erdreich dominieren darin mit einem nach unten gerichtetem Blick. Was an seinen Landschaften realistische Darstellung erscheint, ist gut beobachtet, aber strukturierte Erinnerung und frei erweiterte Vorlage. Aus dem Gedächtnis mehr, als durch Fotos oder Skizzen vorbereitet, ergibt sich meist ein Landschaftsausschnitt, in dem Gegensätze dynamisch aufgehoben werden.
Ihn interessieren weniger Landschaftsporträts, als lineare, flächige und farbliche Strukturen von Stadtraum und Landschaft, sowie deren Vielfalt und Gegensätze. Landschaftszerstörung und Wegwerfgesellschaft mischten sich inhaltlich in die Themenwahl ein, blieben aber in der malerischen Durchbildung an Farbwerten, Formkörpern und Lichtwirkung orientiert. Nicht das klassische Auflicht, sondern ein inneres Glimmen, ein Farblicht prägt dabei die in dominierenden Grün, Gelb und Brauntönen oder Blau und Grau variierenden Bilder. Das Thema Wasser durchzieht nach Tagebaubildern die Bildwelt der letzten Jahre. Schon Monets Seerosenbilder in dessen Park in Giverny erweisen Pflanzen in Teichen als malerische Herausforderung für Tiefendimensionen. Gleichzeitig sieht man die Spiegelungen des Umfeldes und der Wolken auf dem Wasser, die Pflanzen auf dem Wasser, die Wellenbewegungen im Wind, die Materialität des Mediums Wasser, die optisch abgeknickten Stengel unter Wasser und die Fische im Untergrund. Dazu kommen dann Licht, Schatten, Farbigkeit und die Ausschnittwahl, die eine Gemengelage von Elementen in einer höchst eigenen Struktur formiert. Von einer in Skizzen festgehaltenen oder erfundenen kompositorischen Gefügestruktur all dieser Details ausgehend, kommt dann in den Arbeiten von Rainer Bauer eine freie Entfaltung in der Ausarbeitung hinzu.
Seine Bilder wirken glaubwürdig naturnah, sind aber keine Abbilder, sondern spielen mit den Spannungen von Linie und Fläche, Licht und Schatten oder Ruhe und Bewegung. Es finden sich gestische Schlingerlinien, kalligraphisches Gestrüpp, lineare Verästelung und Linienrhythmik. Geheimnisvoll, aber ohne Mystik und Angstwirkung, forschen die Arbeiten den Eingriffen des Menschen oder den natureigenen Durchdringungen von Biotopen nach. Bisweilen rhythmisch, oft tentakelig bilden sich Verdichtungszonen und unklare Bereiche in den Bildräumen, die erst bei genauerem Hinsehen auffallen und zu einem Hinsehen auf das eigentümliche Nebeneinander in Naturräumen anstiften. Vermischungen, Verwischungen und tänzelnde Raumsituationen halten die Bildräume in der Schwebe. Schicht auf Schicht bildet sich ein Werk heran. Frische statt Routine, gilt es zu erhalten. Das erzeugen neben den Farben die linearen Ergänzungen von Ästen, Stengeln, Farnen und Gestrüpp oder perspektivische Verkürzungen, die Räume von eigentümlicher Geometrie und Ornamentik bilden. Titel wie „Echo eines Fauns“ reichern das Eintauchen in die Natur mit phantasievollen Assoziationen an, ohne Märchenwald oder Bühnenraum zu werden. Dafür sind die Natursegmente zu herangezoomt, zu unmittelbar angeschnitten. Man tritt ihnen unvermittelt gegenüber und aus diffusem Chaos bildet sich ein komplexes und reiches Gefüge.jenseits minimalistischer oder konzeptueller Strenge, dennoch ebenso künstlich gesetzt, malerisch behauptet, individuell selektiert, jedoch nicht schematisch durchsortiert. Da gibt es Einbrüche, Freiheiten, Willkür und Konfusion, die als Teil unserer Landschaftsräume belassen sind. Ohne Lieblichkeit sind dennoch satte Farben, Lichtillusionen und Naturanmutungen wirksam, die scheinidyllisch für die unbehausten Naturräume einnehmen, die ästhetisch in Misskredit geraten sind, als Unterholz, als Industriebrache, als Randgrün, als Ackerland. Rainer Bauer erzeugt unwirkliche Wirklichkeit, verlassen, aber nicht unberührt, eine zeitgemäße, durchwachsene Naturerfahrung voller malerischer Spuren.
Klischeelos berührend und ein Kontrapunkt zur medialen Gegenwartsvermittlung in Hochglanzpräsenz. Am Ende bleibt nur die Idee von Natur und davon motivierte reine Malerei in süffigem Licht.
Von Dirk Tölke
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