Michael Schniedermeier braucht Gegendruck beim Arbeiten. Darum überträgt er den aus Ton geformten Kernkörper seiner figürlichen Plastiken in Gips und verfeinert in diesem härteren Material das Erscheinungsbild durch scharfe Kanten, poröse Brüche und eine schrundige Oberflächenwirkung ohne jede akademische Perfektion. Die Figuren scheinen aus überlängten Gliedmaßen zusammengesetzt, manieris-, tisch gedreht und eigentümlich versehrt, bis zu Fehlstellen und Torsostümpfen, die eine Verletzlichkeit und Durchfurchtheit der Figuren vorweisen, die an Francis Bacon erinnert. Was durch diese künstlichen Bildungen und auf das unbedingt nötige Körperinventar zurückgestutzte gewinnt, ist der Charakter der Figuren und der Figurengruppen, die in einer Themenengruppe aus getürmten und mit einander hadernden Personen besteht. Es geht nie um die illusionistische Porträtnähe. Die Figuren sind von erfundenen Gebärden geprägt und scheinen mit ihrem Inneren beschäftigt, gucken am Betrachter vorbei in ferne Horizonte oder eigene Seelentiefe. Sie sind konzentriert und damit zeitlos, wenn auch akademische Anklänge an Michelangelo, Velasquez und Rodin auftauchen und Archaismen in Minotaurisfiguren und an Pharaonenmumien gemahnende „Würdenträger“ gezeigt werden. Machtmenschen und Egoisten, Melancholiker und von Lebenserfahrung gezeichnete sind darunter. Gipsbüsten, in Bronze gegossene Resultate und großformatige, zur dünnen Hülle ausgehöhlte Büsten und Körpervolumen aus Platanenholz finden sich, die ebenso jenseits moderner Formspiele menschliches Gebaren und enttäuschende Verhaltensmuster deutlich machen. Und das hat nichts Flüchtiges mehr. /// dito
bis 20.10.
„Michael Schniedermeier – Alle Kunst geht vom Fleisch aus“
Galerie 45
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