Wie eine leicht stumpf gewordenen Wirklichkeit tritt einem die Bildwelt von Andreas Thein entgegen. Der Fotograf stellt mehrere Werkreihen in der Fördersammlung Kunst aus NRW in Kornelimünster aus. Gemeinsam ist ihnen das Konzept, die Abzüge jeweils exakt so groß zu machen, wie das Original, sei es eine Schublade oder ein Pinguinbecken im Zoo.
Immer sucht der Fotograf menschenleere Räume oder Objekte, die durch oder in einem festen Rahmen betrachtet werden können. Über Fensterrahmen, Regalkanten oder Schubladenseiten wird stets der Bezug zu einem klassischen Bilderrahmen angedeutet, aber bis auf einen Fall ist die Bildfläche trotz Rahmung kein klassisches Bild.
Sakrale Räume und Fremdenzimmer
Die nur minimal nostalgisch angehauchten Gegenstandswelten in Regalen, Schränken, Schubladen verweisen auf die Ordnungsästhetik abwesender Menschen, füllen die Objektwelt mit Lebensspuren und sind doch auch seidiges Farbspiel. Dies betrifft insbesondere das Inventar der Serie „Eigenheim“.
Die Serie „sakrale Räume“ zeigt die leeren Innenräume von Tabernakeln sowie Gewänder und Schubladeninhalte einer Sakristei, in deren eindruckvoller Stille und auch profaner Gehäusehaftigkeit die Aufgeladenheit mit Bedeutung inszeniert erscheint.
Die Serie „Fremdenzimmer“ zeigt leere Zoogehege, Besucherräume und Gegenüberstellungsräume mit ihren dezenten menschlichen und tierischen Spuren. Inszenierte Orte werden spürbar, nicht nur, weil der selten zu findende exakte 1:1-Größen-Realismus einem seltsam nahe geht.
Bombenbastlerwerkstatt in einem Müllcontainer
Der Young Artists-Preisträger Johannes Jensen zählt zwar noch nicht zu den Förderpreisträger des Bundeslandes, aber als Kunstrouten-Preisträger hat er hier eine Ausstellungsheimat gefunden. Mit mechanisiertem Bildwitz und subversivem Objektwitz verdichtet Jensen Träume, Utopien und Wahnphantasien und banalisiert sie zum Teil.
Verunsichernd begrüßt wird der Betrachter von einer pendelnden Armbrust, die seitlich des Türrahmens schon viele Treffer ergeben zu haben scheint. Ein Stilleben wird durch Motoren im Rahmen zum Wackeln gebracht. Das legendäre Bauhaus wird als Buchstabenfundus für daraus bildbare Worte genutzt.
Ein waffenstarrender Schreibtisch voller Machtphantasie- und Zensurdetails kündet von der Gründung eines diktatorisch wirkenden „Kompostaats“, dessen Autonomieanspruch Bürokratie und Gewalt nach sich zieht. Ein rollendes Baumhaus-Himmelsgefährt ironisiert Aussteigerutopien, eine frotzelnde Skulpturenfabrik schließlich lässt durch zufällige Radiowellen einen heißen Draht am Fließband aus Styroporwürfeln Skulpturen fabrizieren (Honi soit qui Craigg I pense).
Eine entweihungswillige Beobachtungsgabe, die Hehres tiefer hängt und Krasses nahbar macht oder angstgedämpft ironisch in den Blick nimmt, wie etwa eine putzige Bombenbastlerwerkstatt in einem Müllcontainer. Wie adrett doch der destruktive Geist oft daherkommt, macht einem Jensen in detailversessen nicht verdrängendem Spieltrieb deutlich. /// dito
Bis 11.11.
Von Raum zu Raum – Fotografien von Andreas Thein
+ Young Artists-Preisträger Johannes Jensen
Kunst aus NRW, Kornelimünster
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