Von Dirk Tölke
1945 wurde Ewald Mataré (1897-1965) in bereinigungswilliger Wiedergutmachungseilfertigkeit neben einer Professur der Direktorenposten an der Düsseldorfer Akademie angeboten, weil er, nach Jahren des Zauderns, ob er Lehrer werden sollte, doch noch 1932 dort eine Stelle angenommen hatte und 1933 von den Nationalsozialisten des Amtes verwiesen, als letzter greifbarer Moderner übrig geblieben war. Klee, Nauen und Aufsesser waren gestorben, Campendonk emigriert. Mataré machte in Absprache mit Georg Meistermann eine radikales Lehrkonzept zur Bedingung (u.a. zwölf Semester schon ab 14 Jahren), das man dann aber doch ministeriell nicht mittragen wollte. So blieb er „nur“ Akademielehrer, der einer handverlesenen Schar ein anspruchsvoll freisinniger Vorreiter war, mit strenger Anwesenheitspflicht und handwerklicher Grundlagenausbildung in Zeichnen und Bildhauerei, obwohl er selbst kaum in Stein arbeitete, sondern dem Bronzeguß frönte. Bekannt für seine abstrahierten Tierplastiken: von unhinterschnittenen Knickkantenvolumina mit stromlinienförmiger Flächenglätte geprägte Kühe der niederrheinischen Landschaft, mit Reitern bestückte drahtig gespannte Pferdestatuetten und humorig exaltierte Hähne sind da über mannigfaltige Skizzenarbeit zu Kleinbronzen mit archaischer Kraft gediehen. Von Steinzeitfigurinen bis zu griechischer Vasenmalereiklassik summiert sich das sichtbare Erbe, das er der Gegenwart abstrahierend bewahrt. Darin ist er, von Barlach aktiviert, Henry Moore und Georg Kolbe ähnlich, von einem Klassizismus, der dem lächerlich heroisch erhabenen Raunenwollen eines Thorak oder Arno Breker diametral und dimensional weit entfernt ist in seiner durchgestalteten Grundsätzlichkeit der Form. Das trifft auch auf seine ideologisch unkritischen, aber unidyllisch rudimentierten und zeitlos abstrahierten Landschaftsaquarelle der 40er Jahre zu, die in Kornelimünster in großer Zahl zu sehen sind. Dumpf gebändigte Farbe, Landschaftsstruktur als geometrisches Gestaltangebot, zu differenziertem Gefüge arrangiert und nicht zu Heimatgefilde und Stimmungsterrain. Ein pfiffiger Neuerer, der die solide Grundlage predigte, Schüler bei seinen vielen Nachkriegsbauaufgaben Hand anlegen ließ und das zeitgemäße (Reliefglas im Westturm des Aachener Domes und im Krönungssaal 1954, Porzellanscherben am Bronzeportal des Kölner Doms) mit dem Gediegenen verband. In Aachen, wo er geboren wurde, die Rathaustür, das Relief am alten Kaiserbad, Sitzungssaalfenster des Kreishauses oder das Silberkruzifix in St. Gregorius. Der für Glasmalerei aufgeschlossene, anfänglich expressionistisch dem zur Vereinfachung zwingenden Holzschnitt und der Holzplastik verschriebene Bildhauer war vor dem ersten Weltkrieg in Berlin von Karl Kraus, Lovis Corinth und Arhtur Kampf ausgebildet worden.
Er selbst wurde ein Meister dekorativ angereicherter Symbolformen und herbheiter beseelter Kompaktheit, mit dem eine Auseinandersetzung immer noch lohnt. Seine Meisterschüler wiederum waren Georg Meistermann, Erwin Heerich, Günter Haese und vor allem Joseph Beuys, den er als Künstler förderte, aber als Lehrenden ungeeignet fand, weswegen er mehrfach gegen dessen dann 1961 erfolgte Berufung an die Düsseldorfer Akademie plädierte. Die Ausstellung zeigt zentrale Werke dieses wichtigen Anregers der Nachkriegskunst aus dem Nachlass, der sich im sehr besichtigungswürdigen Museum Kurhaus Kleve befindet, das jetzt der zeitweilige Direktor des Ludwig Forums für Internationale Kunst Prof. Dr. Harald Kunde leitet, unlängst ergänzt durch eine Rekonstruktion des Atelierraumes von Jospeh Beuys, der hier in den 50er Jahren tätig war. ///
bis 24.2.
Ewald Mataré zum 125. Geburtstag
Kunst aus NRW, Kornelimünster
(Foto: Dirk Tölke)
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