Vogelsang, Pullach, Auschwitz-Birkenau, Marienthal und ja, auch Garzweiler sind synonym gewordene Namen von Orten, wo deutsche Geschichte passiert ist, wo ihr Leid angetan, wo sie verwaltet und gerichtet wurde, wo sie weggebaggert oder wo von ihr ein Bild bewahrt und – manchmal – auch erfunden wurde. Andreas Magdanz (*1963) hat all diese besonderen, oft unbekannten, manchmal gern vergessenen deutschen Orte in fotografiert.
Um festzuhalten, was noch da war, nach der Geschichte, körperlich, an Räumen, Inventar, und emotional, an Atmosphäre, Schattenspiel, Ruhm. Seine Fotografie ist nicht bloß Abbild. Sie ist weit mehr als ein Beleg dafür, dass es diese Orte wirklich gab und sie nicht nur in Verschwörungstheorien und Erinnerungen existierten, sondern dass sie tatsächlich vorhanden waren, und in jeder Hinsicht Platz beanspruchten. Es sind Beispiele für eine genuine Form des Rezipierens mit Hilfe des Mediums Fotografie.
Stammheim entstand zwischen 2009 bis 2012. Eine Gebäudemonografie über die Stuttgarter Gefängnisstadt. Dem deutschen Ort, an dem Recht gesprochen und am Ende ein Trauma geboren wurde. Wieder ist es eine sorgsame, unaufgeregt vorgebrachte, am Wesen interessierte Fotografie. Eine, die nicht darauf besteht, etwas besser zu wissen, die nicht belehrt, die ihr Gegenüber weder trivialisiert noch dämonisiert. Das einzelne Bild tritt betont rational auf, fast immer in Schwarzweiß.
So wie die Architektur des Ensembles zuvorderst rational, ohne Charme und von mitunter Furcht erregender, funktionaler Logik ist. Auf diese Weise entstehen keine Gedächtnisbilder – Magdanz’ Arbeiten sind weit entfernt von den ikonenhaften schwarzweißen RAF-Porträts Gerhard Richters. Magdanz porträtiert die Orte. Heute. Doch belässt er ihnen ihr gestriges Selbst.
Seine Fotografie sucht nicht den heroisch statuarischen Augenblick, auch nicht den aufreizenden Effekt. Sie ebnet dem Diskurs zur Geschichte eine vorurteilsfreie Fläche. Und hat doch nichts dagegen, auch einfach nur als Fotografie entdeckt zu werden. /// parvus
bis 24. 3.
Andreas Magdanz. Stuttgart Stammheim
Kunstmuseum Stuttgart
Foto: Andreas Magdanz
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