„Wer die Domschatzkammer schon vor der Ausstellungstrias besucht hat, könnte glatt auf den Gedanken kommen, den Stoff über dem Sarkophag bereits zu kennen. Tatsächlich ist der Teil des Grabtuchs von Karl dem Großen aber ein anderer als der, den es sonst dort zu sehen gibt. Das aktuelle Exponat ist quasi das exakte Gegenstück, das seit über 150 Jahren nicht mehr in Aachen weilte.
Über die Jahrhunderte sind etliche wertvolle Gegenstände aus dem Domschatz verschwunden. Dieses Schicksal ist auch dem Grabtuch widerfahren. Im Jahr 1850 ist es in zwei Teile geschnitten und ganz diskret, sozusagen ohne Quittung, nach Paris verkauft worden, wo es seither im Louvre -lagert. Für die Dauer der Ausstellung ist es uns von dort zur Verfügung gestellt worden – wie viele andere „Verlorene Schätze“ im Übrigen auch, die sonst Museen in ganz Europa gehören. Bis in den September hinein haben wir also die andere, die französische Hälfte „unseres“ Grabtuchs in Aachen zu Gast. Derweil haben wir unsere Hälfte an die Aussttellung „Orte der Macht“ im Krönungssaal des Rathauses entliehen.
Das Grabtuch stammt aus byzantinischen Staatswebereien des 8. Jahrhunderts. Bei Achtstundentag und Sechstagewoche brauchten drei Menschen ein ganzes Jahr, um anderthalb Meter Stoff zu produzieren. Entsprechend kostbar waren die Tuche, auf deren Export aus Byzanz eigentlich die Todesstrafe stand. Höchstwahrscheinlich war -dieses Tuch ein Geschenk byzantinischer Gesandter, die im Jahr 812 an Karls Hof gastierten. Er wurde in ihm bestattet wie ein oströmischer Kaiser.“ \
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