Erst in Antwerpen (Galerie Raf van Severen), dann in Eschweiler (Kunstverein) zeigt der Aachener Maler Roland Mertens nach längerer Zeit seine humorvoll realistische Bildwelt höfischer Kultur und Gaukelwelt: Porträts, Landschaften, Stilleben und philosophische Denkwürdigkeiten in Form von Wunderkästen und Objekten, die auch in einem schönen Katalog dargestellt und von Ana Sous kommentiert sind.
Roland Mertens (*Stolberg 1952) zeigt nicht nur mit malerischem Verve atemberaubende Landschaftsansichten italienischer Bergorte, quasi eine „Grand Tour“ de force, sondern er erfindet barocke Sujets mit dem Abstand des heutigen Zeitgenossen. Malerisch und in der Lichtstimmung sind die Werke von barockem Gepränge und trockener Prägnanz, im feinen Schalk und die Stilnachahmung brechendem Humor stecken die Erfahrungen eines wachen Beuysschülers (1969-72), etwa wenn er Heilige im Duktus einer Gegenreformationsmalerei der spanischen Kolonialregionen erfindet, wie die Santa Helica mit abgebrochenem Propellerflügel als Attribut ihres Martyriums. Ausgelassene Musikanten, Narren und Könige als Arsenal von schnellgezeichneten Kalligrammen, kleidsam selbstbewußte Prinzessinen und allegorische Gestalten mit Tieren bevölkern die Bildwelt. Mit parodistischer Freude am manieriertem Detail, sicherer Zeichnung und hingezaubertem Farbflair erschafft er die aufklärerische Neugier, höfische Verlustierungssucht und religiöse Inbrunst des Barockzeitalters neu, unterläuft deren sanften Pathos aber besonders in seinen Dioramacollagen und pseudowissenschaftlichen Wunderkästen zugleich durch Klischeeüberarbeitung. Die lächerliche Bedeutsamkeit dieser als Gaukelstücke entlarvten Bildmuster sind erfrischend gut gemalte Retroaufklärungskunst, die Sehsucht erzeugt.
Dirk Tölke
Roland Mertens
„same same but different“
Raf Van Severen Galerie Antwerpen (Leopoldstraat 19)
8.-15.11.
Eschweiler Kunstverein (Talbahnhof )
23.11.-7.12
Fr+So 16-18, Sa+So 11-13 Uhr
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