Von Dirk Tölke
Seit 1981 betreibt Ales Vega eine Galerie mit Rahmenhandel, zunächst in der Zollernstraße, dann in der Bahnhofsstraße und seit 15 Jahren in der Theaterstraße.
Noch viel länger ist der gelernte Flugzeugbauer und Rahmenmacher allerdings Schlagzeuger und Fotograf.
Leidenschaft für die schönen Dinge
Aufgewachsen im durchaus Härte zeigenden Rom, fasziniert in der Filmstadt Cinécitta stromernd, wuchs seine Leidenschaft für Jazz, für freie Improvisation, für die schönen Dinge des Lebens, für Unabhängigkeit und die Optionen eines an der gestalteten Gegenwart orientierten Lebens, die ihn nach Aachen brachten, wo er sich selbstständig machte.
Als Schlagzeuger ist er durchgehend mit Freunden tätig geblieben. Da geht es nicht nur um Rhythmusstabilität, sondern immer um Akzente, die die Lebendigkeit und den Drive aufrechterhalten.
Umgang mit Zufallsstrukturen
Malerisch ist er von den Akzenten des Informel geprägt, vom Umgang mit Zufallsstrukturen, die früher durch chemische Einwirkungen beim Entwicklungsprozess und heute mit Hilfe digitaler Bildbearbeitungsprogramme unterstützt werden.
Seine Foto-Serien nutzen Überlagerungen, Doppelbelichtungen, dezente Unschärfen, aber auch Bewegungsspuren und vor allem Lichtreflexe, die durch Schleier oder Lichtbrechungen entstehen.
Wider die Hochglanzästhetik
Damit erzeugt Ales Vega in seinen Arbeiten Atmosphäre und nimmt mit seinen kleinen Widerborstigkeiten die omnipräsente aalglatte Hochglanzästhetik aus seinen Bildern.
Das trifft besonders auf seine Aktfotografie zu, die erotische Anteile aufnimmt, aber mit Respekt die Schönheit des weiblichen Körpers präsentiert, andeutet, verschleiert, akzentuiert, wozu auch auf der Modellseite eine Offenheit gehört, die ihm besonders noch vor ihrer Top-Model-Bekanntheit bei Rebecca Mir aufgefallen ist.
So mutig, wie schwer
In Deutschland, im protestantischen Norden, im von sexuellen Übergriffen geprägten Berufsalltag immer noch um Gleichberechtigung ringender Frauen wird diese in der klassischen Aktmalerei geduldete Leidenschaft am Körperlichen nicht geteilt.
Hier mischen sich Prüderie mit der verrohten Geilheit alltäglicher Internetpornografie, verkicherte Schamesröte mit verhüstelten Gedanken an Altherrenerotik. Angesichts einer von sexistischen Werbekampagnen („Sex sells“) abgestumpften Sensibilität ist es so mutig, wie schwer, die Schönheit in erotischen Bildern zu suchen, die Künstler seit eh und je bildhaft werden ließen.
Raum zur Entfaltung
Diese Werkanteile verschwinden aber meistens in Privatsammlungen, Giftschränken, Nachlassbereinigungen und sind nicht öffentlichkeitstauglich, zählen nicht zu den zumutbaren Bildern.
Ales Vega wählt tänzerische, bewegte, lagernde, nie offensiv posende Haltungen, die durch Schleier, Sepiatönungen, zahlreiche Alterungsspuren und in sich ruhende Mimiken dem Körper, der Anmut und dem Lichtspiel Raum zur Entfaltung geben, ohne zum Weichzeichnereffekt oder ähnlich banalen Sinnlichkeitsattitüden zu greifen.
Ständig auf der Suche
Nicht Effekt, sondern Akzentuierung ist das Ziel. Ales Vega ist ständig auf der Suche, er verharrt nicht in einer Masche, einem gefundenen Motiv, fügt immer ein distanzierendes Element ein, dass den Zuckerguss vermeidet.
Fotografie als Lichtmalerei, als chemischer Prozess, als niemals nur realistische abbildende Wiedergabe der Wirklichkeit bleibt so wirksam. Ales Vega macht Lichtbilder, die Reflexe der Wirklichkeit und Emotionen des Augenblicks bieten.
Unnostalgisches Irgendwo
Das zeigen die Serie zu Musikern, seine Freude an der Solarisation, die sich unter anderem in Pflanzenporträts niederschlägt, seine Collagen und die Fülle der Landschaftsaufnahmen.
Ales Vega entrückt seine Lichtbilder durch seine Eingriffe in ein unnostalgisches Irgendwo, in eine von Nähe, Intimität und Sensibilität gekennzeichnete Atmosphäre, eines dunstigen Jazzkellers, einer Tanzbühne, eines Landschaftsraums etc.
Intensität des Augenblicks
Er lädt sie auf mit der Intensität des Augenblicks, mit dem Empfundenen und bleibt im vielschichtigeren Feld zwischen reiner Dokumentation und abgewetztem Klischee.
Die leicht zu übersehenden Bilder dieser für Aachen befruchtenden südländischen Kunstauffassung werden in der BBK-Galerie in einem größeren Überblick von Zyklen der letzten Jahre sichtbar gemacht.\
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