Der Einfluss der abstrakten Kunst im Westen beginnt mit Macke und Jan Thorn-Prikker und endet zunächst mit Paul Klees nazibereinigter Professur in Düsseldorf 1930 bis 1933. Bauhäusler werkeln insgeheim in Krefeld (TIS) und Wuppertal (Herberts) weiter. Nach 1945 wird zunächst Wiedergutmachung betrieben, um 1957 bekommt die informelle Abstraktion eine kurze Chance, bevor die Pop-Art sie wieder hinwegschwemmt. Anerkennende Würdigung des Informel erfolgt viel später. Da waren ab 1948 die Förderkäufer oft schneller. Seitdem sind zahlreiche Varianten von Abstraktionen wirksam geworden, wie die Ausstellung mit einem kostenlosen Raumbuch kommentierend darlegt.
Eigentlich sind schon Höhlenmalereien und Kinderzeichnungen Abstraktionen. Sie verkürzen die Fülle des wahrgenommenen Daseins auf Konturen und als wesentlich erachtete Zeichen, die das Wiedererkennen erleichtern und belegen, was den Zeichnern und Kulturen wichtig war. Darin zeigt sich ein Denk- und Vereinfachungsvorgang, der lange zunächst die Natur abstrahiert und in Dekoration und Ornamentik ihre Formen stilisiert. Als im Impressionismus die Betonung von flüchtigen Erscheinungen zur Trennung von Materialfarbe und Farberscheinung unter Lichteinfluss führt, wird Farbe autonom. Um 1910 vollziehen dann Hilma af Klint, Franticek Kupka, Kasimir Malewitsch, Wassily Kandinsky und Piet Mondrian eigenständig parallel den Schritt zur gegenstandslosen Kunst. In Analogie zur Musik, von der man nicht erwartet, Naturklänge nachzuahmen, die jedoch aus dem Konstrukt von Tönen verschiedene Melodien, Rhythmen und Emotionen erwirkt, sollen Farben und Formen für sich dahingehend erprobt werden, welche Wirkungen aus ihrem Wechselspiel, aus Improvisationen und Kompositionen unabhängig vom Gegenstandsbezug entstehen. Eine Fülle von komplexen und schlichten, geometrischen, amorphen und texturlastigen Bildern ist seitdem entstanden, die ins dekorative oder geistig-phänomenhafte neigen, den Zufall einbeziehen und als Bausteine Prinzipien folgen. Als Grundelemente dienen sie ab den 1930ern wieder dem Entstehen von Figürlichem und Gegenständlichem, aber aus einem neuen Geist heraus, der im informellen Gestus seit den 1940ern auch eine psychologische Note bekommt. Bereichernd wurde seitdem Farbe in Wechselwirkungen, Kontrastierungen, Materialitäten und Feldern erkundet. Flächen wurden in Rhythmen, Strukturen, seriellen Wiederholungsmustern und Texturen kombiniert. Abstrakte Kunst kann dabei harmonisch oder spannungsreich, ästhetisch oder chaotisch, langweilig oder anstrengend sein. Geistesreizungen und visualisierte Konzepte fordern das Denken heraus. Aus der Fülle der Sammlung leitet der anregende und vielfältige Parcour durch die Variationsbreite der abstrakten Kunst und ihrer Konstellationen, die nach 1945 als demokratische, ideologiefreie, internationale Sprache propagiert wurde, andererseits realistische Auseinandersetzungen mit der Gesellschaft aus politischem Kalkül mit erwünschter ästhetischer Harmlosigkeit erschwerte und im Konflikt Hofer-Grohmann kulminierend bis in die 60er Jahre geradezu doktrinär auftrat. Noch immer ist die Abstraktion befremdlich, banal und leicht verlachbar, weil sie Erfahrungs- und Bildwelten zwischen Geist und Dekor erkundet, die dem alltäglichen Sehverhalten nicht entsprechen. Das kann man hier in sechs kompakten Kapiteln erfahren. \
bis 26.1.2020
„gestalten – Ein Jahrhundert abstrakte Kunst im Westen“
Kunsthaus NRW Kornelimünster
www.kunsthaus.nrw
Von Dirk Tölke
Der Einfluss der abstrakten Kunst im Westen beginnt mit Macke und Jan Thorn-Prikker und endet zunächst mit Paul Klees nazibereinigter Professur in Düsseldorf 1930 bis 1933. Bauhäusler werkeln insgeheim in Krefeld (TIS) und Wuppertal (Herberts) weiter. Nach 1945 wird zunächst Wiedergutmachung betrieben, um 1957 bekommt die informelle Abstraktion eine kurze Chance, bevor die Pop-Art sie wieder hinwegschwemmt. Anerkennende Würdigung des Informel erfolgt viel später. Da waren ab 1948 die Förderkäufer oft schneller. Seitdem sind zahlreiche Varianten von Abstraktionen wirksam geworden, wie die Ausstellung mit einem kostenlosen Raumbuch kommentierend darlegt.
Eigentlich sind schon Höhlenmalereien und Kinderzeichnungen Abstraktionen. Sie verkürzen die Fülle des wahrgenommenen Daseins auf Konturen und als wesentlich erachtete Zeichen, die das Wiedererkennen erleichtern und belegen, was den Zeichnern und Kulturen wichtig war. Darin zeigt sich ein Denk- und Vereinfachungsvorgang, der lange zunächst die Natur abstrahiert und in Dekoration und Ornamentik ihre Formen stilisiert. Als im Impressionismus die Betonung von flüchtigen Erscheinungen zur Trennung von Materialfarbe und Farberscheinung unter Lichteinfluss führt, wird Farbe autonom.
Um 1910 vollziehen dann Hilma af Klint, Franticek Kupka, Kasimir Malewitsch, Wassily Kandinsky und Piet Mondrian eigenständig parallel den Schritt zur gegenstandslosen Kunst. In Analogie zur Musik, von der man nicht erwartet, Naturklänge nachzuahmen, die jedoch aus dem Konstrukt von Tönen verschiedene Melodien, Rhythmen und Emotionen erwirkt, sollen Farben und Formen für sich dahingehend erprobt werden, welche Wirkungen aus ihrem Wechselspiel, aus Improvisationen und Kompositionen unabhängig vom Gegenstandsbezug entstehen.
Eine Fülle von komplexen und schlichten, geometrischen, amorphen und texturlastigen Bildern ist seitdem entstanden, die ins dekorative oder geistig-phänomenhafte neigen, den Zufall einbeziehen und als Bausteine Prinzipien folgen. Als Grundelemente dienen sie ab den 1930ern wieder dem Entstehen von Figürlichem und Gegenständlichem, aber aus einem neuen Geist heraus, der im informellen Gestus seit den 1940ern auch eine psychologische Note bekommt. Bereichernd wurde seitdem Farbe in Wechselwirkungen, Kontrastierungen, Materialitäten und Feldern erkundet. Flächen wurden in Rhythmen, Strukturen, seriellen Wiederholungsmustern und Texturen kombiniert. Abstrakte Kunst kann dabei harmonisch oder spannungsreich, ästhetisch oder chaotisch, langweilig oder anstrengend sein. Geistesreizungen und visualisierte Konzepte fordern das Denken heraus.
Aus der Fülle der Sammlung leitet der anregende und vielfältige Parcour durch die Variationsbreite der abstrakten Kunst und ihrer Konstellationen, die nach 1945 als demokratische, ideologiefreie, internationale Sprache propagiert wurde, andererseits realistische Auseinandersetzungen mit der Gesellschaft aus politischem Kalkül mit erwünschter ästhetischer Harmlosigkeit erschwerte und im Konflikt Hofer-Grohmann kulminierend bis in die 60er Jahre geradezu doktrinär auftrat. Noch immer ist die Abstraktion befremdlich, banal und leicht verlachbar, weil sie Erfahrungs- und Bildwelten zwischen Geist und Dekor erkundet, die dem alltäglichen Sehverhalten nicht entsprechen. Das kann man hier in sechs kompakten Kapiteln erfahren. \
bis 26.1.2020
„gestalten – Ein Jahrhundert abstrakte Kunst im Westen“
Kunsthaus NRW Kornelimünster
kunsthaus.nrw
Website Kunsthaus NRW Kornelimünster
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