Der 1966 in Birkesdorf geborene und seit 1992 frei schaffende Steinbildhauer, Kunsthistoriker und Philosoph Oliver Czarnetta setzt sich mit Zeit auseinander, die wir vertaktet und materialisiert haben.
Schauschubkästen, durchschaubare Kunstharzobjekte, nebst Bronze und Beton, machen Zeit sichtbar, den Prozess, den Flug eines Projektils, den Kampf damit, die Unbeherrschbarkeit. Gediegen geht es um Ansprache und Auseinandersetzung. Steigen wir verschieden in den selben Zeitfluss oder bewegt sich die dehnbare Zeit entlang unserer Wahrnehmung? Bannen Bilder die Zeit? Halten Kunstwerke sie an oder definieren sie sie, weil dadurch das Veränderliche rückwärts verstanden werden kann? Welche Geltung haben solche Festlegungen, Begriffe, Schubladen im Kopf?
Was geht in unseren Köpfen vor? Abseits von Gehirnwindungen, wird die Bezugnahme der gedanklichen Innenwelt zeichenhaft in gläsernen Schädeln durch diverse Einbettungen anschaulich gemacht, die in ihrer Materialität seelisch-empfindsames mittransportieren. In den Betonhäusern von 2019 geht es doppeldeutig um Einsichten mittels Durchbrüchen, Fassadenverlusten und Dachschäden. Derartige Gedankengebäude, das spürt man trotz schöner Oberfläche, bleiben nicht an der Oberfläche der Dinge, sondern durchdringen die plastischen Gebilde. Da tritt der gelernte Steinmetz zu Tage, der plastisch denkende Verstand, der visuell und haptisch umsetzt, was im denkenden Leib ausgetragen wird. Da tritt auch das 2004 abgeschlossene RWTH-Studium von Kunstgeschichte und Philosophie ins Werk, das mehr als einen Bildwitz für die plastische Gestaltung über hat und Maßstäbe in der Maßstäblichkeit sucht. Traditionell oder richtig klassisch ist das nicht. „Ich wußte selten, was ich wollte, eher, was ich nicht wollte – das habe ich dann meistens erfolgreich vermieden. So arbeite ich auch: Konzeptfragmente wechseln mit Spontanem, immer bin ich mit mehreren Werken beschäftigt. Inhalt, Material, Darstellung sind breit gefächert, Improvisation gegen strenges Konzept gesetzt.“ Leichte Störungen machen ihm die Perfektion erst sichtbar. So muss auch die sich im Leben entfaltende Persönlichkeit des Ichs erst errungen werden und ist nie perfekt. Das braucht Zeit. So wie das Umschreiten der Plastiken und das Nachverfolgen der Gedanken und ausgelösten Resonanzen, die die messeerfahrene Galerie am Elisengarten mit ihrem Gespür für Qualität bietet. \ dito
21.-29.9., Eröffnung 20.9., 19 Uhr
„Zur Zeit …“ – Oliver Czarnetta
Galerie am Elisengarten, Aachen
Website Galerie am Elisengarten
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