Dieses Buch hat alle Merkmale eines klassischen Schelmenromans. Eine vermeintliche Autobiografie des Erzählers Johann Kaiser, dem Ungewöhnliches widerfährt und der sich mit nahezu abenteuerlichen Anstrengungen aus dem Sumpf diverser kriminalistischer Verwicklungen zieht.
Kaiser, als Kind von miteinander wenig harmonisierenden Eltern vernachlässigt – die Mutter verschwindet eines Tages spurlos und der Junge landet im Heim – durchlebt seine Jugend als Bürger im Fürstentum Liechtenstein. In einer Liechtensteiner Bank wird er als junger Mann zum Datendieb, verkauft sich an den deutschen BND und schildert, teils in Tagebuchform und lustvollen, fast surrealen Ausschweifungen seine fiktive Geschichte. Als Vorlage diente die reale Person Heinrich Kieber, dessen Handlungen 2008 auch die in Liechtenstein deponierten Schwarzgelder des ex-Post-Vorstands Klaus Zumwinkel aufdeckten.
Der Autor nutzt diese veröffentlichten Fakten zur Steilvorlage für einen turbulenten Roman, der die Lebensstationen Johann Kaisers als Geschichte eines dem Leser als sympathisch empfundenen Betrügers sehr nahe bringt. Aber unser Held zeigt auch Mitgefühl; zu der von ihm verehrten, ihn fördernden Landesfürstin Gina oder dem Heinrich Harrers („Sieben Jahre in Tibet“) nachempfundenen, alten Bergsteigers. Verachtung zeigt er hingegen für den auf einer Meta-Ebene angelegten Kriminalpsychologen, den die Vergehen des Protagonisten gegen den Staat Liechtenstein selbst zu einer eitlen Buchveröffentlichung treiben.
Der Österreicher Benjamin Quaderer gewann 2016 mit Auszügen aus diesem phantastischen Debütroman den 2.?Preis beim „Open Mike“, einem Talentwettbewerb für angehende Schriftsteller*innen – den bereits Karen Duve, Terezia Mora oder Julia Franck als Bühne für ihre Karrieren nutzten. Um „Für immer die Alpen“ wurde vor Veröffentlichung im deutschen Verlagswesen hart gekämpft und ein hoher Vorschuss soll gezahlt worden sein. Zu Recht! \ rm
Benjamin Quaderer
„Für immer die Alpen“
Lucherhand Verlag
589 Seiten
22 Euro
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