David Bowie, der das Fliegen nicht mochte, reiste viel mit dem Zug. Dabei hatte er oft in speziellen Koffern eine mobile Bibliothek, die Platz für annähernd 1.500 Bücher bot. Zu behaupten, dass Bowie gerne las, wäre also eher noch untertrieben!
Der Journalist John O’Connell (unter anderem The Guardian, The Times) hat sich der Aufgabe angenommen, die von Bowie vor seinem Tod lancierte Liste seiner 100 Lieblingsbücher auf jeweils drei bis vier Seiten zu kommentieren und eine künstlerische wie inhaltliche Nähe zum Werk des Popstars zu finden.
Bowies Liste wurde im Rahmen der die Welt umreisten Ausstellung „David Bowie Is“ vom Londoner The Victoria & Albert Museum veröffentlicht. Viele der Bücher hingen in der Ausstellung bereits von der Decke, trotzdem ging die Veröffentlichung schnell „viral“, wie O’Connell schreibt.
Bowie, geboren 1947, war ein Kind der britischen Nachkriegszeit. Bücher waren ein probates Mittel in dieser trostlosen Epoche, in der England wirtschaftlich langsamer Fuß fasste als die Bundesrepublik Deutschland. Dass Bowie sein überall aufgesaugtes Wissen – nicht nur aus der Musik anderer Künstler, der Mode, Malerei, den darstellenden Künsten überhaupt - für sein Image und seine Musik nutzte, ist hinlänglich bekannt. John O‘Connell bestätigte dies kürzlich in einem Interview: „Er war da wie eine Elster! Wenn er etwas las, war sein erster Gedanke: Was kann ich davon gebrauchen, was kann ich selbst benutzen.“
Und wer und was schaffte es in Bowies ausgewählte Top 100? Nicht ungewöhnlich, dass es oft bedeutende Klassiker sind: Dante Alighieris „Inferno“, Camus’ „Der Fremde“, Don DeLillo, F. Scott Fitzgerald, Saul Bellow, William Faulkner, Nabokovs „Lolita“ und Mikhail Bulgakovs „Der Meister und Margarita“. Sein Interesse an Berlin und dem kulturellen Leben in der Weimarer Republik unterstreicht er mit Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“, und Christopher Isherwood, dessen Titel „Mr. Norris steigt um“ zum Broadway-Musical „Cabaret“ führte.
Aber es waren auch unbekannte bis obskure Werke, die seine Faszination weckten. Ein Beispiel mag „Das Mädchen auf dem Delphin“ sein, geschrieben von einem italienischen Arzt, der wie O’Connell im Interview erläutert, zwischen den 20er und 40er Jahren nach Afrika in die italienischen Kolonien versetzt wurde. „Eine seltsame erotische Fabel, und die erkennen wir nun als Quelle von: ,I wish you could swim like the dolphins can swim‘ – der berühmten Zeile aus Heroes“. / rm
John O’Connell
„Bowies Bücher – Literatur, die sein Leben veränderte“
KiWi
382 Seiten, 16 Euro
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