Von Richard Mariaux
Mit der Eröffnung der Buchhandlung in Laurensberg sind es seit Juni nun fünf an der Zahl.?? 2011 eröffnete die Backhaus Buchhandlung GmbH eine Dependance am Abteitor in Burtscheid. Verschiedene Ideen steckten hinter der Hinzunahme weiterer Buchhandlungen, die 2016 und 2019 dann in den Eifelgemeinden Nettersheim und Simmerath folgten. Da ist oft der altersbedingte Wunsch einer Nachfolge in den meist kleinen, inhabergeführten Geschäften, worauf Martin Schwoll angesprochen wurde. Es ist die Fortsetzung eines Lebenswerks und gerade in Stadtteilen und auf den Dörfern ist der Fortbestand solcher Kulturorte ein wichtiger Anker für das soziale und kulturelle Leben. Buchhändler besorgen in den Sommerferien die Schulbücher, den Lesestoff für Kinder und Jugendliche, veranstalten Lesekreise und Lesungen und beteiligen sich – anders als vielleicht der Metzger oder Bäcker – an vielerlei Aktivitäten vor Ort. Martin Schwoll hebt die persönliche Beratung und Betreuung für Stammkunden hervor, die Idee der Agora als ein Treffpunkt zum Austausch. Sein Buchhändler Bernd Brandenburg in der Jakobstraße spricht als ehemaliger Berliner von „Kiez“-Buchhandlungen – die den großen Buchhandlungsketten und erst recht dem Versandriesen Amazon konzeptionell entgegenstehen.? In jedem Fall sieht er den Unterschied zwischen Filialen in der Stadt und in ländlichen Gebieten. „Die Ansprache ist eine völlig andere. Die Menschen in Simmerath zum Beispiel waren völlig happy, dass es nach einer Umbauphase dort weiter ging. Unsere Kunden kommen aus einem Umkreis von zehn Kilometern, zum Beispiel auch aus Monschau, wo es keine Buchhandlung gibt.“ Natürlich muss das Angebot der Titel an den Ort angepasst werden. Es gibt inhaltlich eine grundsätzliche Ausrichtung auf anspruchsvolle Bücher, sprich: der Kanon der klassischen Weltliteratur wird ebenso gepflegt wie der neue Titel, der im Zeitungs-Feuilleton oder im „Literarischen Quartett“ vorgestellt wird. „Aber in allen Buchhandlungen kannst du an der Auswahl der Bücher sehen, dass du bei Backhaus bist“, sagt Martin Schwoll und schiebt hinterher: „Natürlich gibt es [in der Eifel] auch ein paar Boulevard-Titel, die wir nicht in der Jakobstraße hätten.“?
Trotz seiner großen Bücherliebe, seinem Anspruch Literatur erfahrbar zu machen, hat der auch anderweitig unternehmerisch tätige Schwoll diverse Aspekte fest im Blick. Mit fünf Buchhandlungen hat man ein höheres Einkaufvolumen, effektivere Werbemöglichkeiten, kann Kosten anders umlegen und den Personaleinsatz von derzeit sechs BuchhändlerInnen und fünf Azubis in Spitzen- und Krisenzeiten besser organisieren.?Corona hat nochmals den Kampf um den Buchverkauf verschärft, aber viele kleine Buchhändler erfolgreich in ihrem Online-Versandhandelsangebot bestätigt. Martin Schwoll: „Wir müssen uns überlegen auch an die Amazon-Kunden zu kommen, die das Buch einen Tag später im Briefkasten haben. Auch wir können das alle anbieten.“?Die Veranstaltung von Lesungen, die kleine Buchhandlungen aus Liebe und auch Überlebenswillen in der Regel häufiger als die großen Filialisten anbieten, macht für Backhaus mit fünf Standorten nochmals mehr Sinn. Die erfolgreiche Autorin Zsuzsa Bank las an zwei Standorten – in Aachen und in der Eifel. Und wie kann sich der kleinere, stationäre Buchhandel in Zukunft gut behaupten? Backhaus setzt auf eine gute, interessante sowie vielfältige Auswahl. Seit 1981 sind sie die Büchergilde-Buchhandlung in Aachen, ein unter anderem von 100.000 Leserinnen und Lesern getragenes Buch-Abosystem anspruchsvoller Literatur in hochwertiger Druck- und Gestaltungsqualität. Ebenso wichtig bleiben die gute Beratung und eine hohe Bestelleffektivität mit zum Beispiel der direkten Auslieferung im Stadtteil oder im Eifelörtchen.?
Zu Lebzeiten von Peter Klein war der Online-Buchhandel kein Thema. Amazon stieg im Oktober 1998 in den deutschen Markt ein. Abschließend sagt Martin Schwoll: „Ich verstehe Buchhandlungen als soziale, kulturelle, politische Orte mit einem klaren (Bildungs-)Auftrag. Und das Buch eben nicht nur als Ware. Peter Klein würde sicherlich nicht alle Bücher goutieren, die wir jetzt hier haben. Aber insgesamt – der Gedanke der Literaturvermittlung und das Leidenschaftliche, was hier bei uns passiert, da finde ich, da würde er sich schon freuen.“ \
Am Rande
Backhaus gewann in den Jahren 2015 bis 2018 den „Deutschen Buchhandlungspreis“ – dreimal für die Jakobstraße und einmal für Nettersheim.? Ebenfalls in Planung: Lese-Minitourneen zwischen der Eifel und Aachen mit Minimierung der Anreisekosten. \
Website Buchhandlungen Backhaus
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