Die Bürgerstiftung Lebensraum Aachen ist eine weltanschaulich und politisch unabhängige Plattform für bürgerschaftliches Engagement. Aktuell stehen rund 30 verschiedene Projekte auf ihrer Agenda, bei denen sich bis zu 250 Menschen aktiv engagieren. Unterstützt werden die Projekte vor allem bei der Öffentlichkeitsarbeit, bei der Sammlung von Spenden und der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, denn es ist keine rein finanziell fördernde Stiftung.
In den Gründungsjahren kamen die Projekte vor allem aus den Reihen der Stifterinnen und Stifter, die mit der „Gripsgymnastik“, dem „Lebensbaum“- oder dem „Thermalwasser“-Projekt ihre Ideen umsetzten und die Bürgerstiftung in die öffentliche Wahrnehmung brachten. Inzwischen ist die Stiftung als Plattform für bürgerschaftliches Engagement gut bekannt, sodass immer mehr Kooperationspartner die Plattform samt ihren Vorteilen in Form von Versicherungen, Öffentlichkeitsarbeit und Unterstützung bei der Anschubfinanzierung nutzen. Für Einzelne oder Projektgruppen erübrigt sich dadurch beispielsweise eine aufwändige Vereinsgründung. Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt demnach auf der Hilfe zur Selbsthilfe, indem die Stiftung durch materielle, ideelle und methodische Unterstützung zu Engagement von Bürgerinnen und Bürgern „anstiftet“.
Die in der Satzung festgelegten Stiftungsziele sind vielfältig: Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, Umwelt- und Naturschutz, Landschaftspflege und Denkmalschutz, Jugend- und Altenhilfe, öffentliches Gesundheitswesen, Völkerverständigung, Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie Wissenschaft und Forschung bilden nahezu alle Lebensbereiche ab. „Unsere Stiftungszwecke sind breit gestreut, deshalb haben wir auch einen regelrechten Bauchladen an Projekten“, sagt Kerstin Kreiterling und lacht. Gemeinsam mit Heribert Taudien, Oliver Stöber und Ursula Tiebel gehört sie zum ehrenamtlichen Vorstand der Bürgerstiftung. Auf dem Tisch liegen die Broschüren der verschiedenen Projekte ausgebreitet.
Die Vorständin greift zwei Flyer heraus: „Ich mag besonders die beiden Projekte zu den Aachener Bächen und zum Thermalwasser. Sie heben eine Besonderheit Aachens, das Thermalwasser, hervor und sind auch für die Stadtgemeinschaft ein emotionales Thema.“ Gerade hat die Initiative „Wärm Komp“, die sich aus Vertretern der Stadtteilkonferenz Burtscheid, der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen und der FH Aachen zusammensetzt, die Genehmigung für einen dreimonatigen Testbetrieb des Pop-up-Brunnens im Kurpark Burtscheid im Herbst erhalten. Geplant sind vier kaskadenförmig angelegte Becken, die mit Thermalwasser aus der über 60 Grad heißen Rosenquelle gespeist werden. In einem Abkühlbecken auf Badetemperatur runtergekühlt sollen bis zu 18 Personen die Anlage, die im Fontänenbecken neben der Rosenquelle aufgebaut wird, gleichzeitig nutzen können.
Neben Kreiterling sitzt Stefanie Setz, Projektmanagerin von „Existenzgründung für Menschen mit Flucht- und/oder Migrationshintergrund“, die Ende August die sechste Gruppe mit ihren Gründungsideen und Projekten im Collective Incubator, einem Teil des Exzellenz Start-up Center.NRW-Projekts an der RWTH Aachen, vorstellt und gleichzeitig den fünfjährigen Projekt-Geburtstag feiert. „Neben meinem eigenen Projekt finde ich auch das niederschwellige Jugendsportprojekt „Move on“ und die „Junge Selbsthilfe“ absolut großartig“, sagt Setz und zieht die entsprechenden Broschüren näher zu sich. Bei „Move on“ heißt es runter von der Couch und ab in „Die Halle“ zum Bouldern, Calisthenics Workout oder Trampolinspringen. Fachlich betreut von Ehrenamtlichen können Jugendliche im Alter von 14-18 Jahren nahezu kostenneutral Sport betreiben. „Dieses Angebot wird von ganz vielen Jugendlichen angenommen, die durch eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung – oder manchmal auch aufgrund finanzieller Schwierigkeiten – sonst gar nicht die Möglichkeit hätten, Sport zu treiben.“
Stefanie Setz greift die nächste Broschüre und legt sie wie den Joker in einem Kartenspiel auf den Tisch: „Bei der ‚Jungen Selbsthilfe‘ vernetzen sich junge Leute ganz eigenständig, um über gemeinschaftliche Selbsthilfe zu informieren und Vorurteile abzubauen. Das kostenlose Angebot reicht von Selbsthilfegruppen zum Thema Angst- oder Essstörung über Depression, Suchterkrankungen bis zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Krebserkrankungen.“ Da es bei jungen Betroffenen oft ein verzerrtes, altbackenes Bild von Selbsthilfegruppen gibt, sei es hilfreich, sich mit Gleichaltrigen auszutauschen und sich jeden zweiten Dienstag gemäß dem Motto „Selbsthilfe ist, was wir daraus machen“ in den Räumen der VHS zu treffen.
Manchmal ist die Arbeit der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen auch ganz praktischer Natur: Beim Vernetzungs-Kochen am 5. September laden Mitglieder des Kooperationspartners Ernährungsrat Aachen & Region, des Eine Welt Forums Aachen und des BEQUANA-Projekts, der Anlaufstelle für ökologische Nachhaltigkeit, in die Annahalle ein, um mit Interessierten in Austausch zu kommen und dabei ganz nebenbei noch lecker zu kochen und gemeinsam zu essen.
„Unsere Vielfalt ist gleichzeitig auch unser Problem, weil man uns gar nicht richtig fassen kann“, sagt Kerstin Kreiterling und ergänzt, dass die Bürgerstiftung dadurch aber auch in allen Lebensbereichen anknüpfen könne und bestens vernetzt sei. Und manchmal ergeben sich die passenden Matches einfach von selbst: „Kürzlich hat eine junge Frau aus Lateinamerika, die hier im Viertel wohnt, bei uns geklingelt und gefragt, was wir hier eigentlich machen. Sie hat früher Markenbildung für Unternehmen gemacht und arbeitet jetzt in der Geschäftsstelle mit, wo sie nicht nur ihre Sprachkenntnisse verbessern kann, sondern uns auch wertvolle Tipps bei unserer Entwicklung geben kann“, erzählt Stefanie Setz und fährt fort, dass viele Menschen es als sinnstiftend und bereichernd sähen, sich gesellschaftlich zu engagieren und Neues zu gestalten, vor allem, wenn es in Gemeinschaft mit anderen gleichgesinnten Menschen geschehe. Die Möglichkeiten, sich in einer Stadt wie Aachen einzubringen, sind vielfältig: Neben finanzieller Unterstützung in Form von Spenden, Sponsoring oder Erbschaften, kann man auch einfach „nur“ Zeit spenden. Man kann bei einem der bestehenden Projekte mitmachen oder ein eigenes Plattformprojekt starten. \Belinda Petri
Bürgerstiftung Lebensraum Aachen
Burg Frankenberg
Goffartstr. 45
buergerstiftung-aachen.de
thermalquellen-aachen.de
waermkomp.jetztinstagram.com/moveon_aachen
Nächste Termine:
5.9.
Vernetzungstreffen Ernährungsrat
6.9.
Social Day
8.9.
Tag des offenen Denkmals: Aachens historisches Bach-Kanalsystem
14.9.
Start des Projekts „Existenzgründung“
Kurze Fakten:
426 Bürgerstiftungen in Deutschland über 400.000 Menschen ehrenamtlich engagiert Stiftungszwecke der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen: Sie geben vor, welche Projekte unterstützt werden können und dürfen. Stiftungsorgane: Vorstand, Stiftungsrat und Stifterforum. Die Geschäftsstelle ist erster Ansprechpartner für interne und externe Anfragen und fungiert als Bindeglied.
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