Von Christian Rein
Es kommt nicht oft vor, dass eine Band wie aus heiterem Himmel auftaucht und ein fertiges Debütalbum vorlegt, das nicht nur gut durchdacht erscheint, sondern auch sehr sorgfältig produziert.
Meistens ist es so, dass einer solchen Veröffentlichung einige – oft sogar viele – Auftritte vorausgehen, eine oder zwei Singles, vielleicht auch eine EP. Während sich also die meisten Bands zunächst einmal ein Publikum erspielen und sich langsam an so ein Debüt herantasten, wagt das Projekt Fischer und Hansen aus Aachen mit seinem schlicht „First Album“ betitelten Erstlingswerk direkt den großen Aufschlag.
Fischer und Hansen, das sind Christina Fischer (41) und Pierre Hansen (45). Die beiden, verwurzelt im Frankenberger Viertel in Aachen, sind studierte Musiker (sie: Gesang, er: Schlagzeug), vor allem aber sind sie Ehepartner. Man könnte nun annehmen, dass gerade in dieser Konstellation gemeinsames Musikmachen zum Alltag der beiden gehört. Bei dem Gedanken müssen die beiden lachen. „Tatsächlich haben wir zum ersten Mal überhaupt musikalisch zusammengearbeitet“, sagt Christina Fischer. „Und das erstaunlich harmonisch, denn normalerweise haben wir fast immer Auseinandersetzungen, wenn es ums Musikmachen geht. Während Pierre nach Rhythmus und Struktur sucht, geht es mir mehr um Freiheit.“
Erstes gemeinsames Projekt
Dass sie sich nun an ein erstes gemeinsames Projekt gewagt haben, hat natürlich viel mit der Coronavirus-Pandemie zu tun. Pierre Hansen hatte in der Vergangenheit Song-Ideen – „Schnipsel“, wie er sagt – auf dem Rechner gesammelt. Das meiste sei noch unausgegoren gewesen, aber ihm sei immer klar gewesen, dass dort eine Menge drinsteckt, wenn er sich mal wirklich dransetzen würde, sagt er.
Den Impuls dazu brachte schon der erste Lockdown im Jahr 2020 – zunächst nur für einen Song. Doch ein NRW-Künstlerstipendium sei der entscheidende Punkt gewesen, daraus dann tatsächlich ein ganzes Album zu machen, das dann im Zuge des zweiten Lockdowns Anfang dieses Jahres und in den Folgemonaten sukzessive entstanden ist.
Die insgesamt elf Stücke hat Pierre Hansen in seinem Heimstudio hauptsächlich am Computer entwickelt. Ausgangspunkt sind melancholische Melodien, die zunächst am Klavier entstanden sind. „Es muss immer eine Zerbrechlichkeit haben oder Spannung. Sonst ist es nur Unterhaltung“, sagt Hansen. Die Melodien unterlegt er dann mit abwechslungsreichen, getragenen Beats und bettet sie ein in eine Landschaft aus Klängen, deren Ursprung meist gar nicht mehr zu erkennen ist.
Knister-Knurpsel-Elektronica trifft auf flächige Synthesizer, immer wieder sind (verfremdete) Streicher zu hören. Sascha Mans hat zu den meisten der Songs den Bass und für einen auch Gitarre beigesteuert. Es sind neben einigen Schlagzeug-Elementen quasi die einzigen live eingespielten Instrumente. Dass die Stücke mitunter ein geradezu cineastisches Panorama entwerfen, kommt nicht von ungefähr: Hansen ist einerseits ein großer Filmliebhaber und hört auch gerne Filmmusik, andererseits denke er beim Musikmachen oft in Bildern.
Fischer und Hansen bewegen sich in einem Referenzrahmen, der von TripHop-Bands wie Massive Attack und Portishead über Depeche Mode bis hin zu den Indietronic-Experimenten von The Notwist reicht und auch 80er-Bezüge herstellt. Dennoch kreiert das Duo seinen eigenen Sound, wozu vor allem auch Fischers Stimme beiträgt. Ihr im klassischen Gesang geschulter Sopran wirkt in dem popmusikalischen Umfeld ungewöhnlich und fügt sich doch ganz geschmeidig in das Gesamtklangbild.
Lockdown förderte Kreativität
Dazu hat die Sängerin Texte aus der Mitte des Lebens zu existenziellen und essenziellen Fragen geschrieben, die die Pandemie aufwirft. Da geht es etwa um den Traum von fernen Ländern, um Schlaflosigkeit und eine Kindheit mit allen Freiheiten. „Ich habe mich vorher nie getraut, einen Text zu schreiben, zu dem ich auch stehen kann“, sagt Christina Fischer. „Der Lockdown hat mir ermöglicht, diese Grenze zu überschreiten.“
Nun ist es also da, dieses Debütalbum aus dem Nichts, das Toningenieur Patrick Leuchter in seinem Kölner Studio abgemischt und gemastert hat.
Ob Fischer und Hansen ihre Musik auch live spielen werden, ist noch nicht ganz klar. „Wenn, dann auf keinen Fall im klassischen Rahmen einer Band auf der Bühne“, sagt Pierre Hansen. Außerdem bleibe abzuwarten, was die Pandemie möglich mache. Das Zeug, sich damit ein Publikum zu erspielen, haben die Songs aber allemal. „First Album“ von Fischer und Hansen erschien im Dezember und ist auf allen gängigen Streamingdiensten verfügbar. Zudem kann das Album auf CD und zum Download auf der Internetseite des Duos erworben werden.\
Am Rande
„First Album“ von Fischer und Hansen erscheint am 11. Dezember und ist ab dann auf allen gängigen Streamingdiensten verfügbar. Zudem kann das Album auf CD und zum Download auf der Internetseite des Duos erworben werden.
Aktuell arbeiten Fischer und Hansen an einer neuen Single und an einem Konzept um die Musik des Albums für Live-Auftritte weiter zu entwickeln. \
Webseite von Fischer und Hansen
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