Das wird das Jahr des US-amerikanischen Quartetts Big Thief! Ihr neues Doppelalbum ist mehr als die Summe von Folk-Rock, für den der Sound dieser Band bisher stand. Wie viele andere Bands war man durch die Epidemie isoliert, verlor den künstlerischen Fokus, Sängerin und Songwriterin Adrianne Lenker platzierte in der Zwischenzeit zwar ein Soloalbum, aber Big Thief als Band musste erst wieder in die Spur finden. Schlagzeuger James Krivchenia, der das Album auch produzierte, hatte eine Idee: Wie können wir die verschiedenen Aspekte von Adriannes Songwriting sowie die verschiedenen Aspekte der Band auf einer einzigen Platte zusammenfassen? Die Idee mündete in Aufnahmen an vier verschiedenen Standorten – atmosphärische Plätze, die der Produktion ihren jeweiligen Stempel aufdrücken: in den Wäldern von Upstate New York, im kalifornischen Topanga Canyon, in den Bergen von Colorado und im heißen Tuscon in Arizona. Jeweils fünf Songs (von 45 aufgenommenen) schafften es auf die mit 20 Songs gefüllte Doppel-LP. Und es ist ein großartiges Werk geworden. Es verleugnet nicht die vielen Herkunftsspuren der Americana wie Countrymusik und Bluegrass – eine fröhlich aufspielende Fiddle, ein Akkordeon, Pedal Steel-Gitarren, Maultrommeln und eine wunderschön gespielte Flöte („No Reason“) von Richard Hardy, der in einem Turm in den Wäldern von Colorado wohnt, schon auf früheren Platten von Carole King mitgespielt hat und den Big Thief per Zufall dort oben trafen.Der rätselhafte Albumtitel passt perfekt zu der Musik dieses Albums. Dieser Sound hat sich künstlerisch weit aus der hektischen Welt entfernt. Balla-den, Psychedelik, Midtempi-Songs, von viel Perkussion-Geklöppel getragene, traumwandlerische Hooklines („Time Escaping“) – nie war es aus heutiger Sicht verblüffender, nochmals eine Musik mit Gitarre, Bass und Schlagzeug so wirkmächtig zu kreieren. Viel mehr als nur ein Fundament für Adrianne Lenkers klugen Texte wie im Opener „Change“: „Death’s like a door to a place we’ve never been before / Would you live forever, never die/ While everything around passes?“ \ rm
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