Der Shutdown traf ihn hart und trotz Blick in die Welt unerwartet. „Ich saß in der zweiten Märzwoche im Zug nach Berlin, hätte dort drei Gigs gehabt und wollte deshalb eine Woche mit meiner Freundin dortbleiben“, erzählt er. „Doch plötzlich schlossen überall erst die größeren Clubs, dann die kleineren; auch meine Auftritte wurden so nach und nach gecancelt.“ Das war eine Woche bevor in NRW Clubs, Theater, Gastronomie und Schulen schließen mussten. „Von jetzt auf gleich wurde alles abgesagt, dabei war ich eigentlich ausgebucht!“ Nach der ersten Ratlosigkeit nahm er die Situation erstmal so hin. „Es schien, dass Soforthilfen für Künstler schnell und unbürokratisch greifen sollen. Das hat mich erstmal gefreut und beruhigt. Leider gibt es aber aktuell ein ziemliches Durcheinander, ob alle so berücksichtigt werden, wie anfänglich versprochen. Immerhin für NRW gibt es noch Hoffnung. Allgemein hat man aber nicht den Eindruck, dass die besondere Situation der Kulturschaffenden von der Regierung die nötige Aufmerksamkeit erhält.
Es trifft ja nicht nur eine Branche, es trifft alle Kulturschaffenden. Vom freien Fotografen über den Musiker, vom Clubbesitzer bishin zu den großen Museen, Festivalveranstaltern et cetera.“ Also besteht sein Alltag momentan nicht darin, zu reisen, von einem Auftritt zum nächsten zu hetzen und dazwischen noch Buchungen für den Musikbunker zu arrangieren und Schulprojekte zu initiieren. Nein, Chris spielt wieder Klavier, produziert mit seinen Kollegen ganz viel neue Musik, hat viel mehr Zeit für seine Kinder und fährt wieder mit dem Rad durch die Sonne und macht jetzt sogar Yoga. „Dinge, die schon lange zu kurz gekommen sind, kann man jetzt noch mal angehen. Es ist eine unfreiwillige Entschleunigung, die vielleicht aber auch mal sein musste.“ Allerdings, räumt er ein, ließe sich das Ganze nur hinnehmen, wenn ein absehbares Ende in Sicht sei. „Ich plane jetzt alles für 2021, und ich denke, auch im Herbst 2020 wird sich in der Kulturszene wieder etwas bewegen.“
Denn Entschleunigung, Yoga und eine Soforthilfe bezahlen auch nicht ewig die Miete. „Gerade am Anfang der Krise stieg überall die Solidarität. In Aachen haben sich viele zusammengetan und Hilfen ins Leben gerufen, die das Virus und seine Folgen – und damit meine ich die gesundheitlichen und auch beruflichen – ernst nehmen. Und das ist auch immer noch wichtig. Das Virus ist mit der Lockerung des Shutdowns nicht verschwunden, aber mit den richtigen Maßnahmen kann man die Gefahr eindämmen.“ Und solange die Solidarität (nicht nur für lokale Einzelhändler, sondern auch für die Kulturschaffenden) bestehe, hofft er auf einen positiven Ausgang für die Aachener Kulturszene. „Das, was die Leute vor der Krise interessiert hat, interessiert sie auch nach der Krise.“ Und bis dahin? Es gibt viele Möglichkeiten, die lokale Szene zu unterstützen. Das ist aktuell wichtiger denn je. „Ich kann nur jedem raten, das Beste aus der Situation zu machen und die Zeit so gut es geht zu nutzen. Und sich ab und an trotzdem daran zu erinnern, dass es wirklich gerade gut ist, in einem funktionierenden, demokratischen und alles in allem solidarischen Staat wie Deutschland zu leben.“ \ kw
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